Ägypten: Aufmarsch der Millionen übertrifft Erwartungen
Die entscheidenden Stunden in der Frage nach der politischen Zukunft Ägyptens brechen an. Allein zu der am heutigen Dienstag angesetzten Großdemonstration in Kairo wird mit mehr als einer Millionen Protestierenden gerechnet. Ein Anhalten der Proteste soll den Forderungen nach einer Ablösung der ägyptischen Regierung mit letzter Entschiedenheit Nachdruck verleihen. Die aktuell in Kairos Innenstadt auflaufenden Menschenmassen übertreffen jedoch bereits jetzt die Erwartungen und lassen somit vermuten, dass die Vorentscheidungen womöglich bereits heute fallen könnten.
Verschiedene Gruppen riefen die Bürger auf, sich abermals dem bereits in der letzten Woche von der Regierung verhängten Demonstrationsverbot zu widersetzen und sich zu hunderttausenden auf dem zentralen Tahrir-Platz zu versammeln. Damit scheinen die in der Vergangenheit oftmals zerstrittenen Oppositionskräfte ihre zuvor beschränkte Macht nun bündeln zu wollen, um das revolutionäre Potential der bürgerlichen Protestbewegung gegen Präsident Mubarak und für einen demokratischen Wandel zu einen. Dem Aufruf folgen auch in anderen Städten Ägyptens tausende Menschen. Bereits zuvor hatten führende Oppositionspolitiker in einer gemeinsamen Pressekonferenz Einigkeit gezeigt.
Bereits “über zwei Millionen” Menschen in Kairo versammelt
Der Fernsehsender al-Dschasira, der umfassend über die Demonstrationen berichtet und die Protestierenden immer wieder in ihren Anliegen unterstützt hatte, weshalb ihm die ägyptische Regierung am Freitag schließlich das Übertragungsrecht entzog, sendet auf seiner Onlinepräsenz live aus Kairo. Ebenso liefert die BBC im Minutentakt Berichte über die aktuellen Entwicklungen, denen zu Folge bereits am Mittag „über zwei Millionen” Demonstranten in Kairo versammelt waren.
Bestärkt werden die Protestierenden in ihrem Vorhaben durch die Ansage der Führungsreihe der ägyptischen Militärkräfte, nach denen die Forderungen der Demonstranten „legitim“ seien und daher nicht gegen friedliche Demonstranten vorgegangen werde. Diese Entscheidung hatte in Tunesien, wo die Protestwelle durch die arabischen Staaten Nordafrikas ihren Lauf genommen hatte, schließlich zur Flucht des Präsidenten Ben Alis geführt, was folglich auch den ägyptischen Demonstranten zusätzlichen Mut verleiht. Momentan halten sich scheinbar beide Seiten an diese inoffizielle Vereinbarung, doch die Uneinsichtigkeit Mubaraks in den letzten Tagen lässt nur schwer Vermutungen über den weiteren Verlauf der Proteste anstellen. Der Präsident kündigte für den Abend eine Rede an.