Algerien im Film: Berlin feiert Europas Nachbarn im Süden

Wednesday 26th, March 2014 / 21:40 Written by

 

Mascarades (Masquerades), HKW, Filmstill

Mascarades (Masquerades),  HKW, Filmstill

Algerien ist das größte Land Afrikas. Glücklicherweise liegt es im Norden des Kontinents direkt am Mittelmeer; der durchschnittliche Europäer dürfte es also gerade noch so mit dem Finger auf der Landkarte ausmachen können – ganz im Gegensatz zu geschätzten 45 der 54 afrikanischen Länder. Abseits der Geschichtsbücher ist Algerien nicht durch die französische Kolonialherrschaft, den Bürgerkrieg und die gegenwärtigen Proteste bekannt: In puncto Film hat das Land die Nase ganz weit vorn – nur wissen das noch viel zu wenige Kino-Enthusiasten.

Dem algerischen Kino geht es damit wie dem Land selbst: Obwohl direkt vor den Toren Europas gelegen, ist es ein „weißer Fleck“ auf dem Atlas seiner faktischen Nachbarstaaten von gegenüber, von jenseits des Meeres. Die hier präsentierten Filme geben dagegen einen genauen, reflektierenden Blick frei auf die Geschichte und die Gegenwart des Landes.” (www.hkw.de)

Der französischsprachige Raum hat’s mal wieder etwas früher geschnallt. Mag daran liegen, dass das Publikum die Filme im Original versteht – oder einfach daran, dass man dort dem deutschen Tatort-Ästhetiker per se eine Spur voraus ist. Das Berliner Haus der Kulturen der Welt (HKW) setzt ab Mittwoch, den 26. März, jedenfalls alles daran, dass die Zuschauer auch hier zulande auf den Geschmack kommen.

El Gusto, HKW, Filmstill

El Gusto, HKW, Filmstill

60 Jahre nach Beginn des algerischen Unabhängigkeitskrieges führt das Festival “Algerien nach 1954″ mit Spiel- und Dokumentarfilmen durch politische und cineastische Entwicklungslinien des Landes. Den Schwerpunkt der Filmauswahl bilden Produktionen der letzten sieben Jahre.

Der Eröffnungsfilm “La preuve” (Der Beweis) führt gleich mitten ins heutige Algerien und serviert Rollenkonflikte mal anders: Der Film erzählt die Geschichte des Taxifahrers Ali. Weil er und seine Frau Houria vergeblich auf das gemeinsame Wunschkind warten, lässt Ali sich heimlich in einer anderen Stadt untersuchen: Er kann keine Kinder zeugen. Auf dem Heimweg nimmt er die schwangere Fatima mit, die schließlich behauptet, er sei der Vater ihres Kindes. Leicht könnte Ali die Lüge entlarven und seine Ehe retten, doch er fürchtet, mit der Wahrheit seine Männlichkeit einzubüßen.

L’Algérie, de Gaulle et la Bombe, HKW, Filmstill

L’Algérie, de Gaulle et la Bombe, HKW, Filmstill

Bis Sonntag, den 30. März, laufen im HKW noch eine Reihe weiterer großartiger Filme, zum Beispiel “Hors la loi” (Außerhalb des Gesetzes) oder “Chronique des années de braise” (Chroniken der Jahre der Glut), der einzige arabische Film, der jemals in Cannes die Goldene Palme abgeräumt hat. Daneben ist den ganzen Tag über die Filmlounge geöffnet. Dort reflektieren vier Filme, weitgehend unbekannte Aspekte des Unabhängigkeitskrieges und der Zeit danach.

“Les cinéastes de la liberté” (Die Filmemacher der Freiheit) zollt den Filmemachern Respekt, die eine weltweite Öffentlichkeit mit Bildern des Leidens und des Kampfes konfrontierten. “Cartouches Gauloises” (Gallische Patronen) blickt durch die Augen des elfjährigen Sohns eines Kämpfers der Nationalen Befreiungsfront auf die letzten Phasen des Kriegs.

Mit Bildern von heftigeren Explosionen als die der Bombe von Hiroshima zeigt “L’Algérie, de Gaulle et la bombe” (Algerien, de Gaulle und die Bombe) die Ausmaße des Atomwaffenprogramms im Land. Und schließlich der Dokumentarfilm “Africa is back” (Afrika ist zurück): Er zeigt Künstler des “Festival Panafricain d’Alger” und ihre Visionen eines starken und eigenständigen Afrika.

Für die Filmlounge und den Eröffnungsfilm ist der Eintritt frei.

Informationen zum Festival: www.hkw.de
Das Festivalprogramm als Flyer im pdf-Format
Der Trailer zum Festival: “Algerien nach 1954

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