Äthiopien: Elf Jahre Haft für Journalisten
Das Urteil ist hart und dürfte dem internationalen Ansehen Äthiopiens weiter schaden: Ein Gericht in Addis Abeba hat die beiden schwedischen Journalisten Martin Schibbye und Johan Persson zu elf Jahren Haft verurteilt.
Internationale Organisationen reagieren entsetzt. Beobachter sehen die Pressefreiheit und damit ein grundlegendes Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung in Gefahr. Eine Kampagne fordert die Europäische Union auf, sich stärker für Meinungsfreiheit in Äthiopien und für eine Freilassung der beiden Reporter einzusetzen.
Die Richter in der äthiopischen Hauptstadt sahen es als erwiesen an, dass der Reporter Schibbye und der Fotograf Persson illegal eingereist und den “Terrorismus unterstützt” hätten.
Die beiden Schweden hatten eine illegale Einreise von Somalia ins südliche Äthiopien eingeräumt, aber jegliche terroristische Unterstützung bestritten. Schibbye und Persson waren Anfang Juli zusammen mit Kämpfern der Rebellenorganisation “Nationale Befreiungsfront von Ogaden” (ONLF) verhaftet worden. Die ONLF strebt die Unabhängigkeit der Region Ogaden an. Die Regierung in Addis Abeba bezeichnet die Gruppierung als Terroristen.
Welche Rolle spielt Lundin Oil?
Einem Bericht der “Deutschen Welle” zufolge waren die Journalisten auf der Suche nach Belegen für Aktivitäten der schwedischen Ölfirma Lundin Oil in Äthiopien im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen. Schibbye und Persson geben an, sich ausschließlich im Rahmen ihrer Recherchen mit ONLF-Anführern getroffen zu haben. Schon vor ihrem Aufenthalt in dem Land hätten sie in London und Nairobi mit Vertretern der Rebellenorganisation gesprochen – allerdings ausschließlich zu vollkommen legitimen Recherchezwecken.
“Anstatt Beweise für die vorgebliche Schuld der Journalisten vorzulegen, hat der Richter den Reportern vorgeworfen, ihre Unschuld nicht beweisen zu können”, kritisierte die Organisation Reporter ohne Grenzen die grundlegenden rechtsstaatlichen Mängel des gesamten Verfahrens.
Urteil und Strafmaß lösten scharfe international Proteste aus. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International bezeichnete das Vorgehen gegen Journalisten als “Angriff auf die Pressefreiheit”. Beobachter sprachen von einer schweren diplomatischen Krise zwischen Äthiopien und Schweden. Der Regierung in Addis Abeba genießt dabei aus europäischer Sicht eine Sonderrolle. In einem Bericht der SZ heißt es dazu:
Das autoritäre Regime des langjährigen Ministerpräsidenten Meles Zenawi ist einer der wichtigsten Partner der Europäischen Union und der USA in Ostafrika bei der Bewältigung von Langzeit-Problemen wie Terrorismus, Piraterie und Hunger. (Sueddeutsche.de: “Äthiopien verurteilt schwedische Reporter“)
Die “Free Johan Persson and Martin Schibbye”-Kampagne fordert die Europäische Union dazu auf, sich aktiv und bestimmt für die Einhaltung von Pressefreiheit in Äthiopien einzusetzen und auf die Freilassung der beiden Journalisten hinzuwirken.
Mehr Informationen zum Fall Persson/Schibbye
Reporter ohne Grenzen: “ROG entsetzt über drakonisches Urteil“
Amnesty International: “Growing Repression in Ethiopia“
Afrikanisches Öl und Menschenrechtsverletzungen: “Probing Lundin Oil“
Zur Kampagne: “Free Johan and Martin“
Ethiopia uses anti-terror laws to silence critical journalists. (Guardian.co.uk: “Greenslade Blog“)