Burkina Fasos politischer Spießrutenlauf
1983 war es ausgerechnet ein Militärputsch, der den jungen charismatischen Thomas Sankara an die politische Spitze des damaligen Obervoltas brachte. 32 Jahre später kommt es erneut zu drastischen Veränderungen der politischen Führung, ein weiteres Mal herbeigeführt durch das Eingreifen des Militärs. Und dennoch, die Militärputsche könnten unterschiedlicher nicht sein.
Im Januar 1983 wurde Thomas Sankara zum Premierminister ernannt, kurz darauf jedoch kurzer Hand entlassen und zusammen mit Henri Zongo und Jean-Baptiste Boukary Lingani unter Hausarrest gestellt. Diese Maßnahme führte zu weitreichenden Protesten im Land, welche unter anderem dazu beitrugen, dass Sankara später dennoch Präsident werden sollte. Die Putsche und politischen Umwälzungen damals zielten darauf ab, die politischen Missstände der jungen Unabhängigkeitsphase des Landes zu überwinden. Die folgenden vier Jahre waren geprägt von drastischen politischen Reformen im Sozial-, Wirtschafts- und Gesundheitswesen, welche während der Amtszeit Sankaras als Burkinabé Revolution in die Geschichte des Landes einging.
Was 1983 geschah, hat nichts mit den heutigen Geschehnissen zu tun. Ganz im Gegenteil, die Militärputsche unterscheiden sich grundlegend voneinander. Während 1983 die fortschrittliche Regierung Sankaras aus dem vorangegangen Militärputsch hervorging, geht es bei dem Coup d’Etat vergangenen Donnerstags vorrangig um die Machtwahrung bestimmter Militärs und alter Eliten. Nachdem die Übergangsregierung, der sogenannte Nationale Rat der Transition unter Führung Michel Kafondos, nach der Absetzung Blaise Compaorés im vergangenen Oktober die Regierungsgeschäfte übernommen hat, sollte das Militär und vor allem die alte Präsidentengarde (RSP) in ihren Machtkompetenzen und finanziellen Mitteln stark beschnitten werden. Zweifelsohne hat dieses Ansinnen der Zivilregierung den Ärger des betroffenen Militärs hervorgerufen, was schlussendlich in der gewaltsamen Absetzung der Übergangsregierung mündete. International erntet die Intervention des Militärs weitläufige Kritik und hat mittlerweile sogar zum Ausschluss Burkina Fasos als Mitglied der Afrikanischen Union (AU) geführt. Des Weiteren droht die AU Sanktionen gegen Burkina Faso und die verantwortlichen Putschisten zu erlassen.
Seit dem Einschreiten der Präsidentengarde vergangene Woche, ist ein neuer Mann an der Spitze in Ouagadougou. General Gilbert Diendere scheint sich jedoch nicht zum Ziel gesetzt zu haben, tatkräftig am laufenden Demokratisierungsprozess im Namen des Volkes Burkina Fasos mitzuwirken, sondern vielmehr die finanziellen und machtpolitischen Interessen seiner Anhänger und Kammeraden zu gewähren. Die Forderungen, die mittlerweile unter Supervision der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) und der Staatsoberhäupter Senegals und Benins in Ouagadougou ausgehandelt wurden, sind unlängst von Opposition und VertreterInnen der Zivilgesellschaft abgelehnt worden. Die Putschisten des Militärs hatten darin unter anderem eine Amnestieklausel für alle an dem Putsch beteiligten Personen vereinbart sowie dafür plädiert, einen gesetzlichen Wahlausschluss all derer, die im Oktober 2014 an der geplanten Verfassungsänderung mitgewirkt hatten, für ungültig zu erklären. Das wiederum bedeutet die Zulassung der alten Elite zu den bevorstehenden nationalen Wahlen in Burkina Faso. Oppositionelle und zivilgesellschaftliche Gruppen, die im Oktober die Regierung Compaoré zu Fall gebracht hatten, sehen darin die Gefahr der Rückkehr alter Regierungsriegen, die man eigentlich mit dem Aufbegehren zu überwinden versucht hatte.
Es bleibt daher unklar, wie sich die politische Landschaft in Burkina Faso weiter gestalten wird. Morgen kommen die VertreterInnen der ECOWAS-Mitgliedsstaaten in Nigeria zusammen, um über den Vorschlag zu beraten. In mittels besteht zu befürchten, dass sich Opposition, Zivilgesellschaft und Putschisten weiter miteinander verwerfen und es in diesem Fall zu weiteren Unruhen kommt. Die Lage in den Straßen Ouagadougous könnte damit außer Kontrolle geraten.