Die deutschen Medien und der Mythos des triebgesteuerten Afrikaners

Thursday 13th, September 2012 / 16:09 Written by

 (eufrika) – In den deutschen Medien werden Afrikaner auch heute noch gerne als triebgesteuert wahrgenommen und porträtiert. Ein aktuelles Beispiel dafür findet sich in der Berichterstattung über die politischen Proteste in Togo.
Der langjährige Afrika-Redakteur der Zeit, Bartholomäus Grill, behauptet in seinem Buch „Ach Afrika“, dass Afrika oft als Projektionsfläche für sexuelle Fantasien dient. Dies wird genährt durch Geschichten des ‚zügellosen‘ Schwarzen, oder wie Grill es ausdrückt, dem „Bimbo“ mit dem “Riesenpimmel“. Der naive Mythos des triebgesteuerten Afrikaners erfuhr vor einigen Jahren durch Gloria von Thurn und Taxis Aufmerksamkeit, die verlauten ließ, in Afrika würden Menschen an AIDS sterben, da der Schwarze nun mal gerne “schnackselt”.

Ein aktuelleres und subtileres Beispiel dafür, wie Afrika noch stets mit ungezügelter Sexualität verbunden wird, liefert die aktuelle Berichterstattung in den europäischen Medien über den togolesischen Wahlkampf und die damit einhergehenden Proteste.

In Togo demonstrieren seit Wochen tausende von Menschen gegen eine geplante Änderung des Wahlrechtes, welches dem jetzigen Präsidenten Fauré Gnassinbé erlauben würde, bei den Wahlen im November erneut anzutreten. Diese von der Opposition initiierten Demonstrationen werden regelmäßig von Polizei und Militär unter Einsatz von Tränengas aufgelöst, häufig werden willkürliche Festnahmen und Verletzte gemeldet.

Dies alleine ist den allermeisten westlichen Medien noch keine Meldung wert – interessant wurde das ganze jedoch für sie in dem Moment, als ein Sexstreik der togolesischen Frauen ausgerufen wird. Laut google news haben 37 deutschsprachige Zeitungen über diesen Sexstreik berichtet, von der Süddeutschen („Sexstreik in Togo: Mit den Waffen der Frauen”), bis zum Express („Eine Woche „Kopfschmerzen“: Togos Frauen im Sex-Streik”).

Dieser Sexstreik wurde von der Bürgerrechts-Organisation Let’s Save Togo ausgerufen, und hat das Ziel, den togolesischen Männern die politische Position ihrer Frauen zu verdeutlichen. Die Veröffentlichung einer solchen Nachricht wäre nachzuvollziehen, wenn sie das Potential hätte, die politischen Verhältnisse in Togo zumindest ansatzweise umzukrempeln – nur ist der Aufruf in Togo nicht angekommen, ein sehr großer Teil der Bevölkerung hat noch nicht einmal mitbekommen, dass überhaupt ein Sexstreik ausgerufen wurde.

Ich würde wagen zu behaupten, dass die europäische Öffentlichkeit besser vom Sexstreik informiert ist als die generell recht gut informierte togolesische Gesellschaft. Nichts desto trotz hat die Nachricht anscheinend in das „Beuteschema” europäischer Zeitungen gepasst, politische Unruhen mit Kuriosem zu verbinden. Zwar ist möglich, dass über einen Sexstreik in anderen Regionen der Welt ebenfalls berichtet worden wäre, jedoch bleibt ein fader Beigeschmack, da so nebenbei bestätigt wird, was mancher Leser in Europa sowieso schon meint zu wissen: dass man „Afrikanern“ am effektivsten über ihre Triebe beikomme.

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