Druck auf Ugandas Regierung nimmt weiter zu

Monday 02nd, May 2011 / 16:13 Written by

 Während sich in Uganda landesweit immer mehr Menschen an den Protesten gegen steigende Benzin- und Lebensmittelpreise beteiligen, sieht sich nun offenbar auch die Regierung gezwungen, zu reagieren. Zuletzt hieß dies: punktuell auftretende Unruhen zerschlagen und die Walk to Work-Bewegung notfalls mit Gewalt lahmlegen. Nachdem die politischen Köpfe des verantwortlichen Democratic Forums, allen voran Oppositionsführer Kizza Besigye, mehrfach festgenommen wurden, entwickeln die Proteste angesichts dieses repressiven Verhaltens der Staatsmacht jedoch immer mehr den Charakter regierungskritischer Demonstrationen. Zu einem bürgernahen Austausch um die Berechtigung der Forderungen und einen verfassungskonformen Anspruch auf Demonstrationsfreiheit kam es indes trotz der Ankündigung von Präsident Museveni, sich mit Besigye ernsthaft unterhalten zu wollen, nicht: Am Wochenende wurde Besigye bei einer erneuten Festnahme verletzt. Jetzt ruft er seine Anhänger aus einem Krankenhaus in der kenianischen Hauptstadt Nairobi zur Besonnenheit auf – und appelliert zugleich an deren Durchhaltevermögen.

In der ugandischen Hauptstadt Kampala stieg auch an diesem Wochenende immer wieder Rauch von brennenden Straßenblockaden auf. Nach Angaben des ugandischen Roten Kreuzes starben bei den jüngsten Übergriffen der staatlichen Sicherheitskräfte auf Demonstranten erneut mindestens zwei Menschen, über 20 weitere wurden verletzt. Die Zahl der Toten stieg damit seit Beginn der Unruhen vor etwa einem Monat auf acht. Auch aus anderen Städten werden spontane Aufstände gemeldet, nachdem sich die Nachricht von der erneuten Inhaftierung Besigyes verbreitete. Besigye selbst wurde indes in ein Krankenhaus im kenianischen Nairobi überführt. In einer kurzen Ansprache sagte er: „Die Bevölkerung wird zu großen Teilen marginalisiert und prangert dies mit den derzeitigen Demonstrationen an.“ Er kündigte an, weiter an den Demonstrationen teilnehmen zu wollen, rief die Protestierenden jedoch gleichzeitig dazu auf, friedlich zu bleiben.

 

Derweil scheint die neuerliche Festnahme Besigyes auch die Regierungspartei des National Resistance Movement (NRM) um Präsident Museveni intern zu spalten. Verurteilte man die Proteste zunächst einstimmig als verfassungswidrig oder gar „idiotisch“, wandten sich jetzt Parteigrößen vom offiziellen Kurs der Regierung ab. So kritisierte Innenminister Matia Kasaija am Wochenende eine Aussage von Premierminister Kirunda Kivejinja, der zu Folge das gewaltsame Vorgehen gegen Museveni und weitere Unterstützer der Walk to Work-Kampagne gerechtfertigt gewesen sei. Kasaija stellte in einem landesweit ausgestrahlten TV- und Radiointerview in Frage, inwieweit polizeiliche Befugnisse zur „Wiederherstellung von Gesetz und Ordnung“ die Anwendung von Gewalt gegen Demonstranten legitimierten. Zuvor war bekannt geworden, wie der bei vorherigen Festnahmen ohnehin verletzte Besigye trotz weitgehend widerstandslosem Auftreten erneut mit Pfefferspray und Schlägen traktiert worden war. Laut Polizeiangaben soll Besigye hingegen gedroht haben, die Beamten mit einem Hammer zu attackieren.

Eine ursprünglich für heute angesetzte Gerichtsverhandlung im Prozess um die Rolle weiterer führender Oppositionspolitiker und Walk to Work-Aktivisten wurde unterdessen unbefristet verschoben. Zwölf Inhaftierten Mitstreitern Besigyes aus dem parteiübergreifenden Forum for a Democratic Change, unter ihnen auch der Parteichef der Democratic Party, Norbert Mao, sollte fast drei Wochen nach ihrer Festnahme der Prozess wegen des Vorwurfs des Aufrufs zur Gewalt gemacht werden. Allerdings gab die verantwortliche Richterin den Fall unlängst ohne Bekanntgabe von Gründen ab. Mao und sechs weitere Angeklagte lehnten eine Freilassung gegen Kaution erneut ab, ließen jedoch über ihre Anwälte verlauten, eine möglichst baldige Verhandlung erwirken zu wollen. Noch unbestätigten Angaben zu Folge soll Mao am Nachmittag freigelassen worden sein, während die übrigen Angeklagten weiterhin im Gefängnis säßen. Dies bestärkt Vermutungen, die Regierung weiche dem wachsenden Druck vor allem jugendlicher Demonstranten, die seit Tagen das Luzira Gefängnis belagerten, in dem die Gefangenen festgehalten wurden. Immer wieder wurden Drohungen erhoben, man wolle das Gefängnis stürmen, nachdem auch ranghohe Politiker die Unrechtmäßigkeit der Festnahmen kritisierten und eine akute Bedrohung der Inhaftierten befürchteten.

Neben dem fragwürdigen Umgang mit politischen Gefangenen machen nun auch erste ausländische Regierungen ihre zukünftige Zusammenarbeit mit Uganda vom weiteren Verlauf der Proteste abhängig. Erste europäische Staaten, darunter Norwegen und die Niederlande, erwägten laut Angaben ihrer Botschaftssprecher in Kampala, die Unterstützung der Regierung Musevenis neu zu überdenken, sollten sich die jüngsten Eindrücke nicht widerlegen und die Gewalt gegen friedliche Demonstranten weiter anhalten.

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Marius Münstermann is based in Berlin where he works as a freelance journalist. Marius serves as editor-in-chief at eufrika.org.

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