Elfenbeinküste: Krise nach Präsidentschaftswahlen verschärft sich
Der Konflikt im Anschluss an die Präsidentschaftswahlen in der Elfenbeinküste spitzt sich erneut zu. Bei schweren Ausschreitungenkamen laut UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay in den vergangenen drei Tagen etwa 50 Menschen ums Leben. Dabei gehen diese scheinbar zum Großteil auf das Konto von Militärs, die offenbar gezielt Angriffe auf Unterstützer der Oppositionsbewegung unter Alassane Ouattara durchgeführt haben sollen. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International erheben zudem schwere Vorwürfe gegen die Militärs, unter Androhung von Gewalt auch die ärtzliche Versorgung verwundeter Befürworter des nach internationaler Wahrnehmung siegreichen Alassane Ouattara stark behindert zu haben. Ferner soll es zu mehreren Entführungen gekommen sein.
Die blutige Machtdemonstration des selbsternannten Präsidenten Gbagbo erfolgte trotz vorangegangener Schlichtungsversuche wie Rücktrittsforderungen seitens Afrikanischer wie Europäischer Union, den Vereinigten Staaten und der UN, die erst kürzlich den Druck erhöht und mit Sanktionen gedroht hatten, falls dieser seine Wahlniederlage nicht anerkenne. Oppositionelle Medien wurden von der Berichtserstattung ausgeschlossen. Berichte über ethnisch wie religiös motivierte Übergriffe vorrangig auf Muslime rufen gleichzeitig böse Erinnerungen an den mental präsenten Bürgerkrieg in der Elfenbeinküste wach. Selbst verschiedene Friedensabkommen konnten damals das jahrelange Blutvergießen, das medial meist als Nord-Süd-Konflikt dargestellt wird aber viel umfangreichere und unübersichtlichere Interessens-Parteien umfasst, nicht völlig beenden. So kam es – übrigens während der zweiten Amtsperiode von Laurent Gbagbo – auch nach 2005 immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen und in Folge dessen zur Entsendung einer UN-Mission, die zur Deeskalation beitragen sollte. Nun fordert der uneinsichtige Machthaber ausgerechnet deren Abzug. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon schloss dies unter der Berufung auf das Mandat der Truppe und des darin enthaltenen Befehls zur Unterbindung von „Menschenrechtsverletzungen, Aufhetzung zu Hass und Gewalt“ prompt aus – zumal der Aufruf zum „totalen Krieg“ durch Jugendminister Charles Blé Goudé keine baldige Beruhigung der Lage erkennen lässt.
siehe taz-online vom 19.12.2010
und Tagesschau online vom 19.12.2010