Elfenbeinküste: Tendenz Ouattara?

Sunday 26th, December 2010 / 03:26 Written by

 Die neuesten Entwicklungen im Konflikt um die Wahlentscheidung in der Elfenbeinküste lassen nur schwer erahnen, ob der rechtmäßige und international unterstützte Alassane Ouattara tatsächlich in absehbarer Zeit den uneinsichtigen Wahlverlierer Laurent Gbagbo beerben wird. Dazu ist völlig unklar, wie der Machtwechsel ablaufen wird. Während Anhänger Ouattaras aus Angst vor weiteren Übergriffen durch die von Gbagbo kontrollierten Militärs zu Tausenden das Land verlassen, verschieben sich andere Instrumente von politischer Bedeutung scheinbar zu Gunsten Ouattaras.

So ist der Fernsehsender Radio Television Ivorienne (RTI), der dem amtierenden Präsidenten Gbagbo nahestand und auf Grund der propagandistischen Stimmungsmache pro Gbagbo von vielen für ein “Kernelement seines Machterhalts” (Africa Review) gehalten wird, seit Donnerstag außerhalb der Hauptstadt des von Gbagbo verwalteten Südens der Elfenbeinküste, Abidjan, nicht mehr auf Sendung. Damit versiegt die einzig verfügbare, ohnehin mit Bedenken zu genießende Informationsquelle über einen einheimischen TV-Sender.

Neben dem bislang unbegründeten Abschalten des TV-Senders lassen sich weitere Tendenzen zu einem allmählichen Machteinfluss Ouattaras feststellen. Bereits zuvor übertrug die für den Süden des Landes verantwortliche Zentralbank die Verwaltung der staatlichen Konten an Ouattara.

Doch gerade die anhaltenden Flüchtlingsströme (von bis zu 14.000 vor allem in das benachbarte Liberia berichtet die BBC) verdeutlicht, wie unvorhersehbar die Lage in der Elfenbeinküste bleibt. Dazu passt, dass der international geächtete Gbabgo sich weiter uneinsichtig zeigt und als Grund, nicht aus dem Amt zu scheiden, auf Unregelmäßigkeiten bei der Wahl vom 28. November beharrt. Weitere Gewaltausbrüche sind daher nicht auszuschließen. Deshalb veranlasste Ouattara laut BBC die Polizeikräfte dazu, die Bevölkerung vor Übergriffen durch Militärs zu schützen – der Versuch, seine politische Einflussnahme auszuweiten.

In wie weit Ouattara zum gegenwärtigen Zeitpunkt ausgehend von seinem schwer bewachten Ausenthaltsort, einem Hotel am Stadtrand Abidjans, über Einheiten verfügen und das gespaltene Land insgesamt regieren kann, bleibt spekulativ. So lange der mehr und mehr isolierte Gbagbo trotz der Sperrung seiner ausländischen Konten Zugang zu den im Land erwirtschafteten Einnahmen aus der Kakaoproduktion, dem bedeutsamsten Wirtschaftszweig der Elfenbeinküste, und somit die reale Kontrolle über die mutmaßlich auch aus dem Ausland rekrutierten Milizen behält, bleiben die Kräfteverhältnisse verzerrt.

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Die BBC beleuchtet zudem die Zusammenhänge zwischen der Kakaoproduktion in der Elfenbeinküste, wo 40 Prozent der weltweiten Kakaoerträge erzielt werden, und deren unmittelbare Auswirkung auf die Macht im Land.

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Marius Münstermann is based in Berlin where he works as a freelance journalist. Marius serves as editor-in-chief at eufrika.org.

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