Elfenbeinküste: Versöhnung und Schuld
Diesen Sonntag verkündete Alassane Ouattara, der Präsident der Elfenbeinküste, Charles Konan Banny zum Vorsitzenden der “Commission pour le dialogue, la vérité et la réconciliation” (Wahrheits- und Versöhnungskommission) zu ernennen. Banny war zwischen 2005 und 2007 Premierminister von Laurent Gbagbo. Nach einer viermonatigen, postelektoralen Krise war Gbagbo am 11. April in Abidjan von Truppen Ouattaras und Frankreichs festgenommen worden. Banny war damit Premierminister in der Regierung des großen Widersachers Alassane Ouattaras in einer zudem unsicheren Zeit nach den Aufständen ab 2002 und dem nicht umgesetzten Friedensvertrag von 2005 zwischen den Rebellen aus dem Norden und der Regierung Gbagbos.
Mithilfe der Wahrheits- und Versöhnungkommission will Ouattara nach dem Vorbild der “Truth and Reconciliation Commission” (TRC), die 1996 in Südafrika von Nelson Mandela eingesetzt wurde, die Befriedung des seit Jahren währenden ethnisch-religiösen Konflikts erreichen. Sie soll von drei Ivorern geleitet werden, davon zwei Geistliche, ein/e Muslim/in und ein/e Crist/in. Ziel ist es, die während des Konflikts von beiden Seiten begangenen Verbrechen aufzuklären, und vor allem im Dialog der verschiedenen Parteien miteinander zu einer Versöhnung darüber zu gelangen. Sowohl Gbagbos Truppen und Milizen, als auch Ouattaras Truppen werden Kriegsverbrechen vorgeworfen. So sollen beim Vormarsch Richtung Abidjan nach Angaben des Roten Kreuz Ouattara-treue Truppen in Duékoué ein Massaker mit mindestens 800 Toten begangen haben. Der seit April amtierende Präsident erhielt nun für sein Vorhaben symbolische Unterstützung durch den Besuch des ehemaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan, und des ehemaligen Vorsitzenden der TRC, Desmond Tutu. Im Falle des Vorbilds Südafrika gab es viel Kritik an der dortigen Amnestieregelung, die viele Schwerverbrecher straffrei entließ und Opfern den Schadensersatzanspruch entsagte.
Während die letzten Kämpfe in der Elfenbeinküste nachlassen, beginnt der justizielle Kampf um Schuld und Unschuld: Laurent Gbagbo und seine Ehefrau Simone Gbagbo sollen noch diese Woche vor der ivorischen Justiz vorsprechen. In Paris legten Gbagbos Anwälte Jaques Vergès und Roland Dumas eine Klage, mehr oder weniger explizit gegen Alassane Ouattara gerichtet, wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Klägerin ist eine Französin, deren Vater während des Massakers von Duékoué umgekommen ist. Derweil verkündete heute der Chefkläger des Internationalen Strafgerichtshof Luis Moreno-Ocampo, dass er eine Untersuchung der Massaker in der Elfenbeinküste vorbereite. Dies entpricht dem Wunsch Ouattaras, der Mitte April bekannt gab, Den Haag um eine Untersuchung aller begangenen Verbrechen zu bitten.