Enttäuschender Empfang

Saturday 01st, October 2011 / 13:13 Written by

 Ein enttäuschender Empfang und nachwievor kein klares Statement seitens der Bundesregierung: Die Delegation aus Namibia zur Rückführung von Schädeln Getöteter aus der deutschen Kolonialgeschichte fordert ein Bekenntnis der ehemaligen Kolonialmacht. Vergeblich wirbt sie für Verständnis dafür, welche weitreichenden Spuren der Völkermord bis heute im Sozialgefüge der betroffenen Bevölkerungsgruppen der Herero und Nama hinterlassen hat.


Die Delegation hochrangiger namibischer Vertreter aus Politik und Kultur, die am Freitag in Berlin eintraf, um Schädel von Verstorbenen der Bevölkerungsgruppen der Herero und Nama entgegen zu nehmen und in die Heimat zurückzuführen, zeigt sich enttäuscht von der Reaktion der deutschen Bundesregierung.

Kein einziger offizieller Vertreter der Bundesregierung erschien am Freitag am Flughafen, um die namibische Delegation zu empfangen – diese Aufgabe blieb NGOs vorbehalten.

Im Vorfeld hatte die Bundesregierung erklärt, das „namibische Anliegen“ gegenüber den betreffenden deutschen Institutionen zu vertreten. Währenddessen wies jedoch die Universität Freiburg darauf hin, dass sich in ihren Beständen noch weitere Schädel befänden – nur einer von mehreren Standorten in Deutschland, die zur Kolonialzeit auf unrühmliche Weise in den Besitz weiterer menschlicher Überreste aus Namibia gelangten.

Ähnlich schwach die offizielle Stellungnahme der Bundesregerung: In einer ersten Pressemeldung war zunächst lediglich von der Verbringung von Schädeln “verstorbener Angehöriger der Volksgruppen der Herero und Nama nach Namibia“ die Rede – ein konkreter Bezug zur Rolle Deutschlands war vergeblich zu suchen. Am Samstag bei der “feierlichen” Übergabe von 20 Schädeln aus den Archiven der Berliner Charité bekannte Staatsministerin Cornelia Pieper dann den „hohen symbolischen Wert“ der Repatriierung.

Dennoch vermissen vor allem Delegierte der betroffenen Bevölkerungsgruppen der Nama und Herero ein eindeutiges Schuldbekenntnis der Bundesregierung zur Rolle Deutschlands in der Kolonialzeit. Die von vielen Namibiern geforderten Entschädigungszahlungen würden durch verstärktes Engagement der Bundesregierung in der Entwicklungszusammenarbeit geleistet, hieß es aus Regierungskreisen.

Neben dem kulturell problematischen Umstand, dass die Verstorbenen nicht auf heimischen Boden begraben und so ihre letzte Ruhe finden können, wirkt sich das brutale Vorgehen der deutschen Kolonialregierung bis heute auf das Leben der Nachkommen aus. Nicht allein der tausendfache Tod und der respektlose Umgang mit den Ahnen, auch die wirtschaftliche Enteignung in der Kolonialzeit hinterlassen in den traditionellen Viehzüchtergesellschaften Namibias bis heute tiefe Wunden.

 

Reaktion der namibischen Presse auf die Rückführung der Schädel aus Deutschland: “Forgive, but never forget”

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Marius Münstermann is based in Berlin where he works as a freelance journalist. Marius serves as editor-in-chief at eufrika.org.

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