Der Deutsche, der dem Land der Rastas den Reggae bringt

Friday 05th, December 2014 / 17:24 Written by

 

Alles begann mit einer verlorenen Wette gegen den Verein „Viva con Agua”. Anfang des Jahres muss Tilmann Otto alias Gentleman seinen Wetteinsatz einlösen und geht als Botschafter von “Gemeinsam für Afrika” auf Afrika-Tournee. Nach mehreren Wochen und fünf Ländern endet die Reise stilecht im „Promised Land” der Rastas – Äthiopien. Dort haben wir mit ihm gesprochen.

„Äthiopien ist mit nichts zu vergleichen”

Hawassa (Foto: Fanny Kniestedt)

Hawassa (Foto: Fanny Kniestedt)

Lange kramt der Musiker in seinem Kopf. Doch nach ein paar Minuten muss er kapitulieren. “Sonst hat man ja immer so ein ´das-kommt-mir-von-irgendwo-bekannt-vor-Gefühl`”, sagt Gentleman. “Doch hier denke ich immer, `das habe ich noch nie gesehen`.” Sei es das Essen, die Landschaft und vor allem die traditionelle Musik – Äthiopien habe etwas ganz Eigenes, findet der gebürtige Kölner. Wie auch bei den anderen Stationen seiner Afrika-Tournee in Nigeria, dem Senegal, der Elfenbeinküste und Südafrika wolle Gentleman in den kommenden Tagen daher auf jeden Fall in Plattenläden stöbern. Er müsse unbedingt sein Ethiojazz-Repertoire aufstocken, sagt er.  Zwar schwebt über dem Land der Geist der Rastakultur –  doch die meisten Äthiopier haben keinen Bezug dazu. Und so eben auch nicht zum Reggae. Ethio-Musik ist konsequent die populärste Musik der Einheimischen.

Langsam öffnet sich die junge Generation aber auch internationalen Stilen. Neben dem altbekannten Pop aus den USA werden karibische Klänge immer populärer.  Die Reggae-Kultur scheint Neugierde zu wecken gerade, weil zu dieser Musik die Rastafari-Kultur gehört, die Äthiopien als “Motherland” auserkoren hat. Obwohl selbst in den Klubs der Metropole Addis Abeba die traditionellen Schultertänze nie außer Mode kommen, erobern nun auch Dancehall und Co. die Tanzflächen.

Beim Konzert von Gentleman auf dem Gelände des Goethe-Instituts konnten viele der Zuhörer sogar die Texte mitsingen.  „Die Leute hier hören mehr zu. Die rasten nicht so aus, wie in den anderen afrikanischen Länder, wo Reggae eine der angesagtesten Musikrichtungen ist”, verglich der Künstler sein Konzert in Addis mit den voran gegangenen.

„Zuhause gelte ich als Pferdelunge. Hier bin ich wohl eher eine Mauslunge”

Äthiopien

Nationalstadion in Addis Abeba (Foto: Fanny Kniestedt)

Neben dem Konzert im Goethe-Institut Addis Abeba musste Gentleman auch noch sportliche Ausdauer beweisen.  Das Spiel gegen die Altherrenmannschaft der äthiopischen Nationalelf entpuppte sich jedoch als sehr zäh. Und Gentleman hatte es prophezeit – in der Höhenluft konnte er den ehemaligen Fußballprofis nicht wirklich etwas entgegen setzen. In Deutschland als „Pferdelunge” bekannt, hatte er auf den 2500 Höhenmetern sichtlich Atemnot. Zum Glück ging es nur um Symbolik, nicht um einen Pokal.

Musik und Sport rahmten seine eigentliche Aufgabe jedoch nur ein. Als Botschafter von „Gemeinsam für Afrika” hatte der Musiker noch andere Pflichten. Zum Beispiel besuchte er einen Bauer, der stolz seine neue Biogasanlage präsentierte. Auch einige Projekte, die Viva con Aqua unterstützt, durfte Gentleman besichtigen. Darunter Schulen und Krankenhäuser, vor allem in der ländlichen Gegend in Oromo, die nun Zugang zu Trinkwasser haben.

„Ich will mir gar nichts anlesen oder mich vorbereiten – ich lass mich einfach überraschen.”

Das äthiopische Kaiserpaar als Klomarkierung in Shashamane

Das äthiopische Kaiserpaar als Klomarkierung in Shashamane (Foto: Fanny Kniestedt)

Letzte Station seiner Reise war natürlich das Rasta-Dorf bei Shashamane. 1948 gab der letzte Kaiser Äthiopiens, Haile Selassie, der Rastagemeinschaft Jamaikas dort Land, damit sie sich im „Mutterland” ansiedeln konnten. Der Ort ist also so etwas wie das Mekka der Rastas. Für jemanden, der mit Jamaika und der Rasta-Kultur nicht nur musikalisch verbandelt ist, hat dieser Ort eine besondere Aura. Doch er wolle sich überhaupt kein Bild machen, so Gentleman. „Ich habe gehört, dass der Spirit da schon besonders sein soll. Aber ich will mir gar nichts vorstellen. Ich will mich einfach von dem Spirit einfangen lassen.”

Auch, wenn er die Wette verloren hat – durch die Afrikareise und seinen finalen, am längsten dauernder Aufenthalt in Äthiopien, hat der Künstler letztlich doch gewonnen. Euphorisiert und inspiriert hat er unserer Reporterin Fanny Kniestedt einen kleinen Plausch gegönnt – da war die Party noch längst nicht vorbei. Was nicht zu überhören ist…

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Its not only what is said but also how it is said. Everything is subjectiv. And therefore the most authentic when it comes from the mouth of the one concerned. I like portraing people bringing the big things to a grassroot level, giving social, political or economical dynamics a face. I am a freelance journalist with three years of radio broadcasting and online coverage experience.

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