Große Rede im Bundestag: Angela Merkel vergisst Afrika
In ihrer Regierungserklärung zu Beginn der neuen Legislaturperiode hat sich die deutsche Bundeskanzlerin nur indirekt zur Zukunft der europäisch-afrikanischen Beziehungen geäußert.
Der Begriff “Afrika” blieb bei Angela Merkels zentraler Rede zur deutschen Regierungspolitik in den kommenden vier Jahren unerwähnt. Lediglich im Zusammenhang mit den Auslandseinsätzen der Bundeswehr ging die Kanzlerin auf das künftige Engagement Deutschlands in Afrika ein.
Deutschland beteilige sich an Einsätzen “im Kosovo, vor den Küsten Somalias und des Libanon oder in Mali“. Das Mandat in Mali zur Ausbildung malischer Sicherheitskräfte will die Bundesregierung demnach nicht nur fortsetzen, sondern auch “verstärken”.
Hinsichtlich der Frage, wie Deutschland Frankreich “gegebenenfalls” bei der europäischen Überbrückungsmission in der Zentralafrikanischen Republik unterstützen könne, betonte Merkel ausdrücklich, dass eine solche Beteiligung noch nicht beschlossen sei.
In jedem Fall gehe es dabei “nicht um einen deutschen Kampfeinsatz, sondern allenfalls um unsere Fähigkeit zur Rettung und Behandlung Verwundeter.”
Immer gilt: Kein Konflikt kann allein militärisch gelöst werden. (…) Deutsche Außen- und Sicherheitspolitik setzt auf die Vernetzung militärischer und ziviler Mittel, und darin sehen wir uns in den letzten Jahren noch mehr bestärkt.” (Angela Merkel, Regierungserklärung, 2014)
Unerwähnt blieb in Merkels Rede die Lage der Flüchtlinge an den Außengrenzen der EU. Allerdings bezeichnete die Kanzlerinden Zugang zu Bildung und Ausbildung als “eine zentrale Aufgabe unserer Integrationspolitik”.
Auf dem Integrationsgipfel in diesem Jahr – so haben wir es besprochen – werden wir uns schwerpunktmäßig mit der Ausbildung von Migrantinnen und Migranten befassen. Auch werden wir jungen Menschen mit Migrationshintergrund unser Willkommen in Deutschland dadurch verdeutlichen, dass wir bei der Staatsbürgerschaft die Optionspflicht für in Deutschland geborene und aufgewachsene Jugendliche abschaffen. (Angela Merkel, Regierungserklärung, 2014)
Die Vorstellung der außenpolitischen Zielsetzungen der kommenden Jahre überließ die Kanzlerin Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Der sprach sich in seiner Rede “für eine aktive deutsche Außenpolitik und ein starkes Engagement Deutschlands bei der Lösung internationaler Konflikte” aus.
Militärische Zurückhaltung ist richtig, aber sie darf nicht missverstanden werden als eine Kultur des Heraushaltens.” (Frank-Walter Steinmeier, außenpolitische Grundsatzrede, 2014)
In der anschließenden Aussprache im Plenum sprach sich der CDU-Abgeordnete Andreas Schockenhoff für einen Afrika-Schwerpunkt in der deutschen Außenpolitik aus. Die Europäische Union müsse sich frühzeitig und nicht erst wenn Konflikte eskalierten Gedanken darüber machen, in welchen Regionen sie gemeinsame Sicherheitsinteressen verfolge, heißt es dazu auf Bundestag.de. Notwendig, so Schockenhoff weiter, sei beispielsweise ein europäisches Engagement in Afrika, “in Ländern wie Somalia, Sudan oder Mali”.
Militär: Ein Instrument der Außenpolitik?
Scharfe Kritik an der außenpolitischen Linie Deutschlands äußerte dagegen der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Gehrke (Die Linke). Der von Steinmeier beklagte Umstand, so heißt es auf Bundestag.de, dass die Außenpolitik an Ruf verloren habe, sei auch deren Qualität geschuldet. Statt um Menschenrechte gehe es häufig eher um Öl, Wasser und andere Naturressourcen. Diese “Doppelbödigkeit” habe den “Ruf der Außenpolitik auch in Deutschland versaut”, wird Gehrcke zitiert.
In den vergangenen Jahren habe die Bundesregierung, so der Oppositionspolitiker weiter, “aus der Bundeswehr ein Instrument der Außenpolitik gemacht”. Derzeit suche die Bundesregierung “ein neues Einsatzgebiet in Afrika”.
Die Regierungserklärung im Wortlaut: “Vorläufiges Protokoll des Stenografischen Dienstes des Bundestages“
Informationen zur Außenpolitische Aussprache auf Bundestag.de: “Steinmeier will aktive deutsche Außenpolitik“
Kommentar zur Ausrichtung der deutschen Afrikapolitik: “Das ist obszön“