Rebellen-Tracking in Echtzeit

Tuesday 08th, November 2011 / 19:29 Written by

 Fast drei Monate vergingen, bis die Internationale Gemeinschaft von einer Serie brutaler Übergriffe aus dem Dezember 2009 erfuhr, die mittlerweile als Massaker von Makombo traurige Berühmtheit erlangt haben. Den Angriffen der Rebellengruppe Lord’s Resistance Army im Osten der Demokratischen Republik Kongo fielen damals mindestens 321 Menschen zum Opfer, weitere 250 wurden verschleppt. Nun sollen eine Webseite und die digitalen Netzwerke helfen, der LRA auf die Spur zu kommen und derartige Übergriffe auf die Zivilbevölkerung künftig zu verhindern.

Ein 67 Seiten starker Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch stellte im März vergangenen Jahres die Verbindung der militanten Lord’s Resistance Army (LRA) mit den viertägigen Massakern in der nordwestlichen Haut-Uele Provinz her. Sowohl die Vereinten Nationen als auch die ugandische Regierung schlossen sich der Darstellung später an.

Die Provinz Haut-Uele im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo gilt seit langem als Rückzugsgebiet der LRA - Copyright: Themalau

Die Provinz Haut-Uele im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo gilt seit langem als Rückzugsgebiet der LRA. © Themalau

Uniformierte Mitglieder der LRA, die sich als Soldaten der kongolesischen Armee ausgegeben haben sollen, befahlen der lokalen Bevölkerung demnach, die Rebellengruppe auf ihrem Vormarsch unter anderem mit Nahrungsmitteln zu versorgen.

Nachdem sich die Dorfbewohner weigerten, reagierte die LRA nach Zeugenaussagen zunächst mit der Hinrichtung vorwiegend männlicher Zivilisten. Doch auch mindestens 13 Frauen und 23 Kinder sollen den brutalen Tötungen zum Opfer gefallen sein. Die LRA setzte hierbei Macheten und Äxte ein, mit denen den wehrlosen Opfern die Köpfe eingeschlagen und Körperteile abgetrennt wurden. Später wurden Augenzeugen zum Teil Lippen und Ohren entfernt, als Warnung für andere Menschen in der Region, die demonstrieren sollte, was auch ihnen drohe, wenn sie über das Geschehene sprechen sollten.

Ben Keesey, Generaldirektor der US-amerikanischen NRO Invisible Children, stellte nun die Webseite LRA Crisis Tracker vor. Damit sollen Berichte aus der Bevölkerung sowie Informationen von UN und lokalen NROs unverzüglich weitergeleitet und koordiniert werden, um so die Bewegungen der Rebellengruppe besser nachvollziehbar zu machen. Der von Digitaria entwickelte cloud-Dienst erweitert das bereits vorhandene Angebot eines Radio-Netzwerks auf Hoch-Frequenz, mit dessen Hilfe die Zivilbevölkerung im schwer zugänglichen Osten des Kongo frühzeitig vor Übergriffen gewarnt werden soll.

Kessey zeigte sich überzeugt, mit der neuen Technologie auf bevorstehende Angriffe künftig in Echtzeit reagieren zu können:

This melding of old technology with the new will be an enormous breakthrough in the protection of people living in one of the most remote corners in the world.”

Auch eine Anbindung an Twitter und Facebook ist vorgesehen, ebenso eine App. Zudem sollen die erhobenen Daten regelmäßig in Analysen ausgewertet werden.

Für öffentliche Aufmerksamkeit hatten die Vorfälle nachträglich vor allem deshalb gesorgt, weil zum Zeitpunkt der Massaker zwischen dem 14. Und 17. Dezember 2009 Einheiten der UN-Mission MONUSCO (United Nations Organization Stabilization Mission in the Democratic Republic of the Congo) in der Region stationiert waren. Allerdings hielten sich die UN-Truppen lediglich in den städtischen Siedlungsräumen auf, sodass die LRA in den ländlichen Gegenden nahezu ungehindert operieren konnte und offenbar über Wochen plündernd und mordend durch die Dörfer zog. Offiziell bestreitet die Führung der LRA die Anschuldigungen im Zusammenhang mit den Massakern bis heute.

Die LRA war in ihrem von christlichem Fanatismus geprägten Kampf gegen die Regierung Ugandas, der sich seit Ende der 80er auf weite Gegenden Ost- und Zentralafrikas ausgebreitet hat, bereits mehrfach durch ihr brutales Vorgehen aufgefallen.

In letzter Zeit mehren sich Berichte, nach denen sich die LRA-Führungsriege um Joseph Kony zwischen Juni und September diesen Jahres vorwiegend im Südosten der Zentralafrikanischen Republik aufgehalten haben soll, was mit einem Rückgang der Übergriffe im Kongo korrespondieren würde. Unter ihnen sollen auch Verantwortliche der Massaker von 2009 sein, die sich nunmehr jedoch auf dem Rückweg in die Region des nördlichen Kongos befänden, wie auch aus dem ersten vierteljährlichen Bericht des LRA Crisis Trackers hervorgeht.

 

LRA Crisis Tracker

Der vollständige Bericht von Human Rights Watch zu den Vorfällen des Massakers von Makombo: „Trail of Death“

Afrique en ligne: „African Union finalizes deployment plans for anti-LRA regional force”

Der LRA Crisis Tracker soll künftig Übergriff der militanten Rebellengruppe auf die Zvilbevölkerung verhindern

Der LRA Crisis Tracker soll künftig Übergriffe der militanten Rebellengruppe auf die Zvilbevölkerung verhindern

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Marius Münstermann is based in Berlin where he works as a freelance journalist. Marius serves as editor-in-chief at eufrika.org.

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