LGBTI-Qs in Kenia: Zwischen kolonialen Konzepten und neotraditionellen Ansichten

Monday 27th, October 2014 / 18:25 Written by

 

Baadhi ya watu ni mashoga. Zoea!/Some people are gay. Get over it!

Baadhi ya watu ni mashoga. Zoea!/Some people are gay. Get over it! CC-BY 2.0: LiangHH

Von Daniel Koßmann

 1. Einführung

Als der kenianische Autor Binyavanga Wainana im Januar dieses Jahres sich mutig entschloss im Alter von 43 Jahren seine Homosexualität öffentlich zu machen und dazu u.a. das bisher unveröffentlichte Kapitel „I am a homosexual, mum“ seiner Autobiografie im Internet veröffentlichte,[1] ließen Reaktionen der kenianischen, als auch globalen Öffentlichkeit nicht lange auf sich warten. Die New York Times titelte „Writer Tells Africa What He Couldn´t Tell `Mum´“,[2] der bekannte kenianische Fernsehjournalist Jeff Koinange lud Binyavanga Wainaina  zu einer Sendung mit dem Titel „Being gay in Kenya“[3] ein und eine sechsteilige Videoserie mit dem Titel „We Must Free Our Imaginations“[4] von Wainaina persönlich verbreitete sich über Internet und Social Media bis nach Deutschland. So positiv das neue Jahr für die kenianische LGBTI-Q-Community[5] startete, so schnell wandelte sich die Situation: im Nachbarland Uganda unterschrieb Präsident Yoweri Museveni im Februar ein international geächtetes homophobes Gesetz, mit dem die ohnehin schon starke Diskriminierung von LGBTI-Qs verschärft wurde.[6]

Obwohl sich LGBTI-Qs in Kenia in Organisationen wie der Gay and Lesbian Coalition of Kenya (GALCK) vereinigt haben[7] und es diverse politische Aktivist_innen gibt, die für die Rechte von LGBTI-Qs kämpfen,[8] sind in Kenia Homophobie, Transphobie und Diskriminierung auf Grund der Geschlechtspositionierung oder sexuellen Einstellung weiterhin stark vorhanden. Ihre Ursprünge sind vielfältig: die kenianische Gesellschaft ist sehr konservativ und stark religiös geprägt,[9] christliche Missionare (insbesondere US-amerikanische Evangelist_innen) und britische Kolonialist_innen haben tiefe Furchen hinterlassen und die Grundlage für eine anti-homosexuelle Gesetzgebung beispielsweise durch die penal codes on sexual offences geschaffen.[10]

Ich werde mich im Folgenden mit der Frage beschäftigen, wie die familiäre und legislative Situation von LGBTI-Q-Angehörigen in Kenia durch koloniale Konzepte & neotraditionelle Ansichten geprägt wurde. Hierbei stütze ich mich vor allem auf Artikel aus dem 2013 erschienenen Queer African Reader, welcher von Sokari Ekine und Hakima Abbas herausgegeben wurde. Des Weiteren bietet der Aufsatz Being Gay in Kenya: The Implications of Kenya´s New Constitution for its Anti-Sodomy Laws von Courtney E. Finerty einen guten Überblick über die legislative Situation von LGBTI-Q-Angehörigen in Kenia. Um einen Einblick in die Rolle von rechts-konservativen US-amerikanischen Evangelikalen bei homo- und transphoben Entwicklungen in Ostafrika zu erhalten, habe ich Beiträge von Rev. Dr. Kapya Kaoma gelesen. Akinyi Margareta Ocholla bietet mit The Kenyan LGBTI Social Movement – Context, Volunteerism, and Approaches to Campaigning einen Überblick der LGBTI-Aktivist_innen-Szene in Kenia und erste Hinweise zum Verhältnis von Familie und LGBTI-Qs.

Da ich allerdings zur familiären Situation von LGBTI-Qs in Kenia kaum direkt das Thema betreffende Quellen finden konnte, werde ich um diesen Aspekt berücksichtigen zu können, verschiedene einzelne Schilderungen und Erwähnungen in Bezug auf den Gesamtkontext analysieren. Der Kurzaufsatz A mother´s fear for her lesbian daughter von Ocholla und das Kapitel I am a homosexual, mum von Wainaina bilden hierbei meine textuellen Grundlagen. Ich werde feststellen, dass die Diskriminierung von LGBTI-Q-Angehörigen in Kenia stark durch die koloniale Gesetzgebung und neokoloniale, christlich-evangelikale Ansichten geprägt ist. Diese in Wirklichkeit neotraditonellen Ansichten werden innerhalb der kenianischen Gesellschaft als Wahrung von Tradition wahrgenommen. Auf Grund gesamtgesellschaftlicher homo- und transphoben Einstellungen ist die Beziehung vieler LGBTI-Q-Angehöriger zu ihren Familien stark beeinträchtigt.

 2. LGBTI-Qs in Kenia

 2.1  Homophobe Erblasten aus Missionarismus und Kolonialismus

Wie in vielen Teilen der Welt ist auch in Kenia das Christentum historisch betrachtet eine relativ neue Religion: es breitete sich ab 1800 n. Chr. aus. Die kenianische Kultur (mit Ausnahme der Küstengebiete) wandelte sich von da an von einer vormals indigen geprägten Glaubensgemeinschaft in eine zu tiefst christliche. Das Christentum verdrängte allerdings indigene Bräuche nicht vollends, sondern vermischte sich stattdessen mit traditionellen Glauben und Bräuchen. Christliche Missionare sahen eigene kulturelle Werte und Überzeugungen den indigenen als überlegen an und tabuisierten in Folge Themen wie Sex und Sexualität.[11]

Akinyi Margareta Ocholla von der kenianischen Frauenorganisation Minority Women in Action schreibt, „[that] [t]raditional perceptions about sexuality […] were quickly replaced with British perspectives and reinforced by old British colonial laws“[12] und sie sieht hierin den Ursprung der anti-homosexuellen Gesetzgebung.[13] Auch die kenianische Queer- und Menschenrechtsaktivistin Gathoni Blessol ist der Ansicht, dass die meisten religiösen Praktiken in Kenia durch westliche Vorstellungen von Religion und Spiritualität geprägt sind, welche auf den Konzepten „male, white, ´prosperous´ and […] Caucasian man“[14] basieren.[15] Doch was genau sind „traditionelle Vorstellungen“ über Sexualität? Was beinhalten sie? Diese Frage ist sicherlich nicht leicht zu beantworten.

Der anglikanische Priester und Wissenschaftler Dr. Kapya John Kaoma ist sich sicher, dass Homosexualität ein Teil der afrikanischen Tradition ist: „It is homophobia, not homosexuality, that is being imported to the continent by neocolonialists [...]“[16]. Ihm zu Folge waren LGBTI-Q-Angehörige in traditionellen afrikanischen Gesellschaften weder Opfer von körperlicher Gewalt, noch von Missbrauch. Mancherorts wurden LGBTI-Qs sogar außergewöhnliche Kräfte zugeschrieben.[17] Diese These wird dadurch gestützt, dass es zahlreiche Begriffe und Namen in Sprachen gibt, aber auch Zeichnungen und religiöse Praktiken, die belegen, dass Homosexualität im vorkolonialen Afrika ein durchaus bekanntes Phänomene war. In Kenia waren unter den Meru beispielsweise Männer bekannt, die sich als Frauen kleideten und manchmal andere Männer heiraten. Auch unter den Kikuyu war es üblich, dass Frauen untereinander heiraten konnten.[18]

Das heutige kenianische Strafgesetzbuch ist ein direktes Erbe der britischen Kolonialzeit. Im Jahr 1930 führte die britische Kolonialverwaltung den Colonial Office Model Code ein. Als Kenia 1963 unabhängig wurde übernahm die damalige Regierung das vorherrschende britische Rechtssystem und damit auch den Colonial Office Model Code, der fortan das kenianische Strafgesetzbuch bildete. Dieses Strafgesetzbuch bildet die Grundlage für das kenianische anti-sodomy[19] Gesetz und reflektiert folglich damalige britische Moral.[20] Die Paragrafen 162-165 kriminalisieren sexuelle Aktivitäten, die gegen die order of nature sind:[21] „carnal knowledge of a person against the order of nature“[22] wird als „unnatural offense“[23] bezeichnet und mit bis zu 14 Jahren Gefägnis bestraft.[24] In den eben genannten Paragrafen wird ein direkter Bezug zu einvernehmlichen Sex zwischen zwei Männern hergestellt, d.h. zu Homosexualität.[25]

Kaomas Argument, Homophobie sei nach Afrika exportiert worden, lässt sich somit historisch am Beispiel des kenianischen Strafgesetzbuches belegen. Doch wie kommt es, dass diese Gesetze weiterhin bestehen und sie nicht in einem anti- oder postkolonialen Begehren  abgeschafft wurden? Wie kommt es, dass Homosexualität als westliche Idee verstanden wird, die darauf abzielt die afrikanische Kultur zu zerstören?[26] Um dies zu verstehen ist es notwendig, die Einflussnahme US-amerikanischer rechts-konservativer Evangelikaler genauer zu betrachten.

 2.2  Öl ins Feuer der Homophobie: die Rolle US-amerikanischer Evangelikaler

Diskriminierung und Marginalisierung von LGBTI-Qs in vielen subsaharischen Ländern Afrikas stellt keine vollkommen neue Erscheinung dar, jedoch die zunehmende Einflussnahme rechter US-amerikanischer Evangelikaler,[27] wie dem Pastor der kalifornischen Saddleback Kirche und Autor des Bestsellers A Purpose-Driven Life Rick Warren und dem Shoa-Leugner Scott Lively.[28] Ersterer sieht Homosexualität weder als eine natürliche Lebensweise, noch als eine Art von Menschenrecht an. Letzterer behauptete u.a., dass Homosexuelle die Grundlage der NSDAP bildeten.[29] Während Warren durch Treffen mit verschiedenen politischen Führer_innen in Ruanda, Uganda und Kenia versucht Einfluss zu nehmen,[30] sagte Lively, in den dem Gesetzesentwurf für ein anti-homosexuelles Gesetz vorausgehenden Monaten, im ugandischen Parlament aus, dass die Shoa und der ruandische Genozid in Zusammenhang mit Homosexualität stünden.[31]

Die Strategie dieser evangelikalen Kirchen und Kirchenvertreter ist es, sich selbst als internationale Autoritäten in Bezug auf Homosexualität zu präsentieren und sowohl Homosexualität, als auch LGBTI-Q-Rechte als imperialistische Strategie darzustellen, die darauf abzielt, eine Akzeptanz für ein angeblich rein westliches Phänomen in Afrika zu schaffen. Fortschrittliche westliche, gemeinnützige Organisationen würden eine neokoloniale familienfeindliche Kampagne anführen und afrikanische Werte zerstören.[32]   Aber wie Gathoni Blessol festgestellt hat, ist Homosexualität kein kulturell begrenztes Phänomen: „[it] is human, as it is African“[33].

Evangelikale Vertreter_innen schrecken nicht einmal davor zurück, sich, mit entsprechenden Ideologien, in der HIV- und AIDS-Prävention zu engagieren. Rick Warren, der mit seiner Frau Kay die amerikanischen Evangelikalen dazu brachte oben erwähnte Arbeit zu fokussieren,[34] erklärte, dass es keinen Platz und keine Rechte für Homosexuelle innerhalb der ugandischen HIV- und AIDS-Prävention gäbe und veröffentlichte des weiteren Namen und Adressen von ugandischen LGBTI-Q-Aktivist_innen.[35] Öffentliche Brandmarkungen wie diese standen in der Vergangenheit in Zusammenhang mit dem Tod des ugandischen Lehrers und LGBTI-Q-Aktivisten David Kato.[36] Die Strategie der US-amerikanischen Evangelikalen bezeichnet Kaoma treffend als eine politisierte Homophobie.[37]

 2.3  „Mum – I´m homosexual“[38] oder die familiäre Situation von LGBTI-Qs in Kenia

Sich öffentlich, in einer patriarchal geprägten Gesellschaft, in der die Binarität der Geschlechter als natürlich angesehen wird, zu seiner Homo-, Trans- oder Intersexualität zu bekennen, ist sicherlich nicht leicht.  Doch wie schwer ist es, sich in einer Gesellschaft wie der kenianischen zu dieser zu bekennen, wenn man selbst im engsten Umfeld Angst haben muss abgelehnt zu werden? Die Unterstützung der Eltern für die eigene Ausbildung zu verlieren?[39] Wenn man Gefahr läuft von ihr, der Familie, auf Grund der eigenen sexuellen Orientierung stigmatisiert zu werden?[40] Wenn selbst ein hochrangiger Politiker, wie der ehemalige Premierminister Raila Odinga, fälschlicherweise der Meinung ist, „[that] [t]he constitution is very clear [that] men or women found engaging in homosexuality will not be spared“ und hinzufügte „[i]f we find a man engaging in homosexuality or a woman in lesbianism, we´ll arrest them and put them in jail“[41]? Es ist vermutlich schwer, sehr schwer.

Binyavanga Wainaina hat für sein Coming-Out viele Jahre gebraucht. Obwohl er schon mit fünf wusste, dass er homosexuell ist, dauerte es weitere 38 Jahre, bis Wainaina  sich öffentlich dazu bekannte.[42] „Nobody, nobody, ever in my life has heard this. Never mum. I did not trust you, mum,“[43] schreibt der kenianische Autor fiktiv an seine Mutter und beschreibt die Tragödie, deren Hauptdarsteller er war; den Grund, wieso er seiner Mutter seine Homosexualität nicht eingestehen konnte, bevor sie 2000 verstarb.[44] Vielleicht hatte auch er, wie viele andere,[45] Angst, dass seine Mutter ihn nicht verstünde, ihn verstieße, die Nachricht ihren Weg in die Öffentlichkeit fände und eine Gefahr für seine Karriere darstellte, wie es der Fall bei manch anderen LGBTI-Qs war.[46]

Diese Angst und Furcht in Bezug auf die eigene Familie ist nicht etwas Ungewöhnliches. Akinyi M. Ocholla, schreibt in ihrem Artikel A mother´s fears for her lesbian daughter über ähnliche Probleme: „A mother doesn´t always understand or accept her daughter being lesbian or bisexual. Neither do all fathers, siblings and extended family for that matter.“[47] Ocholla ist Ende 20 als sie ihrer Mutter anvertraut, dass sie bisexuell und lesbisch ist. Ihre Mutter ist beruhigt, da Ocholla nicht „vollständig“ lesbisch ist, sondern „nur“ bisexuell. Ocholla vermutet, dass Mütter auf diese Weise weiterhin hofften, ihre Töchter seien noch nicht völlig „verloren“ und würden später wieder auf die „richtigen Bahnen“ finden, sprich eine heterosexuelle Beziehung eingehen.[48]

Es scheint trotzdem ein großer Schock für ihre Mutter gewesen zu sein. Ob sie oder ihr Vater etwas falsch in der Erziehung ihrer Tochter gemacht haben, möchte sie wissen. Es müsse ein psychologisches oder emotionales Problem als Ursache geben.[49] Doch LGBTI-Q-Sein ist etwas Natürliches, für das es keine besonderen Umstände erfordert: „If only mothers would stop killing themselves over-thinking [those] circumstances,“[50] schreibt Ocholla passend. Sie selbst sieht in diesem Verhalten, die Angst einer Mutter vor den Reaktionen einer homophoben Gesellschaft gegenüber ihrem Kind und den zerbrochenen Traum, die eigene Tochter eines Tages verheiratet zu sehen.[51] Es wird vermutlich noch Jahre des LGBTI-Q-Aktivismus brauchen, um diese Angst einer Mutter nichtig zu machen.

Würde der Traum dieser Mütter das eigene Kind verheiratet zu sehen auch durch eine gleichgeschlechtliche Ehe erfüllt werden? Und wie steht es um deren Verwirklichungschancen in Kenia? Dem kenianischen Rechtswissenschaftler Prof. Makau Mutua zu Folge verbietet die kenianische Verfassung gleichgeschlechtliche Ehen nicht explizit.[52] Keguro Macharia, Mitglied der Concerned Kenyan Writers Gruppe, betont hingegen, dass innerhalb der kenianischen Identität die Konzepte der heterosexuellen Heirat und der heteronormativen Familie eng ineinander verwoben sind und Angriffe auf diese als Angriffe auf diese Identität verstanden werden. In ähnlicher Weise hätten Gesetz und Politik dazu beigetragen, dass von der Norm abweichende Formen von Gender und sexueller Praktik als Bedrohung der Familie verstanden werden.[53]

Macharia begründet seine Argumentation mit dem vierten Kapitel der kenianischen Bill of Rights der neuen Verfassung. In Paragraf 45.1 wird die Familie sowohl als natürliche und grundlegende Einheit der Gesellschaft definiert, als auch als notwendige Basis der sozialen Ordnung, die vom Staat anerkannt und geschützt werden soll. In Paragraf 45.2 heißt es  weiter, dass jeder Erwachsene das Recht habe eine Person des anderen Geschlechts zu heiraten, so lange dies im Einverständnis beider Parteien geschieht. Familie wird hier nicht als Metapher fürsorglicher Beziehungen zwischen Individuen gesehen,[54] ähnlich der Definition traditioneller family values von Kaoma,[55] sondern als heterosexuelle Reproduktionsinstitution.

In diesen beiden Paragrafen kommen des Weiteren nur zwei binäre Arten von Gender und Sex vor.[56] Gleichgeschlechtliche Ehen werden zwar tatsächlich nicht explizit verboten, dafür werden aber heterosexuelle Ehen explizit gefördert. Homosexuelle Männer leben nicht selten in heterosexuellen Ehen, haben gleichzeitig aber einen homosexuellen Partner.[57] Wie sinnvoll somit eine gesetzliche Förderung heterosexueller Ehen ist und ob diese Förderung nicht letzten Endes vielleicht eher das heterosexuelle Familienglück zerstören könnte, bleibt fraglich.[58]

 3. Fazit

Die vom öffentlichen Coming-Out Binyavanga Wainainas und anderen LGBTI-Q-Aktivist_innen losgetretenen Diskussionen in Kenia um LGBTI-Q-Rechte und den Bezug zur kenianischen Tradition und Familie werden in absehbarer Zeit nicht abklingen. Vielmehr bleibt zu hoffen, dass sie stärker denn je den öffentlichen Raum einnehmen werden. Wie ich zeigen konnte, ist das Konzept zweier alleiniger binärer Formen von Gender und Sex kein traditionelles Merkmal der kenianischen Kultur, sondern ein Ergebnis kolonialer und christlicher Einflussnahme. Unter den Kikuyu konnten beispielsweise Frauen andere Frauen heiraten und bei den Meru waren Männer bekannt, die sich als Frauen kleideten und in manchen Fällen auch andere Männer heirateten. Gender und Sex verschwimmen hier vollständig.

In der jüngsten Zeit nahm insbesondere der Einfluss rechter US-amerikanischer evangelikaler Gruppierungen zu, die unter dem Banner der Bewahrung der afrikanischen Tradition und Kultur gegen LGBTI-Qs und deren Rechte zu Felde zogen. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass genau dieses Verhalten ein prägnantes Beispiel für neokolonialistisches, (westlich-evangelikales) Handeln ist. Ja, Homosexualität gibt es im Westen. Und es stimmt, viele westliche Organisationen und Individuen setzen sich aktiv für die Rechte von LGBTI-Qs ein. Aber selbstverständlich kommt Homosexualität auch in Afrika vor und gehört auch dort, wie in allen anderen Bereichen der Welt, zu den natürlichen menschlichen Merkmalen. Homosexualität und LGBTI-Q-Sein ist ein Menschenrecht, weil es zum Wesen des Mensch-Seins gehört. Es ist zutiefst afrikanisch, wie es auch zutiefst europäisch ist! Die menschliche Natur lässt sich nicht durch homo- und transphobe Gesetze verändern, seien sie nun religiös oder neotraditionell begründet.

Letztlich wird der Kampf gegen Homo- und Transphobie und gegen jegliche Art von Diskriminierung von LGBTI-Q-Sein nur überwunden werden können, wenn der akademische, religiöse und politische Diskurs in Afrika von Afrikaner_innen geführt werden wird. Nur so kann das Eintreten für LGBTI-Q-Rechte nicht länger als westliche Einflussnahme verunglimpft werden. Aufgabe der internationalen Wissenschaft sollte hierbei sein, den afrikanischen Fürsprecher_innen und Aktivist_innen Material zur Hand zu geben, die sie in ihrer Argumentation unterstützt. Sprich es sollte aus geschichtswissenschaftlicher Perspektive stärker das Vorkommen von Homo-, Bi-, Inter- und Transsexualität in traditionellen afrikanischen Gesellschaften untersucht werden. Um eine möglichst hohe Legitimität und Glaubwürdigkeit dieser Studien in Afrika zu ermöglichen, wird es hierbei wichtig sein, dass jene Forschungen vor allem unter der Leitung afrikanischer Wissenschaftler_innen stattfinden.

Dieser Artikel wurde im März 2014 bereits im Seminar “Famile & Gender in Afrika aus historischer Perspektive” am Institut für Asien- und Afrikawissenschaften, Humboldt Universität zu Berlin präsentiert.

[1]Binyavanga Wainaina, „I am a homosexual, mum,“ Africa is A Country, 19.01.2014, besucht am 24.02.2014, http://africasacountry.com/i-am-a-homosexual-mum/.

[2]Nicholas Kulish, „Writer Tells Africa What He Couldn´t Tell `Mum´,“ New York Times, 25.01.2014, 4.

[3]„Jeff Koinange Live with Valentine Njoroge and Binyavanga Wainaina (Being gay in Kenya),“ KTN Kenya, besucht am 18.03.2014, http://www.youtube.com/watch?v=CANd4G_ewBY.

[4]„We Must Free Our Imaginations (1/6),“ Binyavanga Wainaina, besucht am 18.03.2014, http://www.youtube.com/watch?v=8uMwppw5AgU.

[5]Die Abkürzung LGBTI-Q steht für lesbian, gay, bisexuell, transgender und intersex-queer. Vgl.: Gathoni Blessol, „LGBTI-Queer struggles likeother struggles in Africa,“ im  Queer African Reader, Hg. Sokari Ekine und Hakima Abbas (Dakar/Nairobi/Senegal: Pambazuka Press, 2013), 220.

[6]Faith Karimi und Nick Thompson, „Uganda´s President Museveni signs controversial anti-gay bill into law,“ CNN, 25.02.2014, besucht am 18.03.2014, http://edition.cnn.com/2014/02/24/world/africa/uganda-anti-gay-bill/.

[7]Akinyi Margareta Ocholla, „The Kenyan LGBTI Social Movement – Context, Volunteerism, and Approaches to Campaigning,“ Journal of Human Rights Practice 3, Nr. 1 (2011): 96, besucht am 20.02.2014, doi: 10.1093/jhuman/hur006.

[8]Ocholla, „Kenyan LGBTI Social Movement,“ 93.

[9]Ocholla, „Kenyan LGBTI Social Movement,“ 95.

[10]Ocholla, „Kenyan LGBTI Social Movement,“ 94.

[11]Ocholla, „Kenyan LGBTI Social Movement,“ 94.

[12]Ocholla, „Kenyan LGBTI Social Movement,“ 94.

[13]Ocholla, „Kenyan LGBTI Social Movement,“ 94.

[14]Gathoni Blessol, „LGBTI-Queer struggles likeother struggles in Africa,“ im  Queer African Reader, Hg. Sokari Ekine und Hakima Abbas (Dakar/Nairobi/Senegal: Pambazuka Press, 2013), 221.

[15]Blessol, „LGBTI-Queer struggles,“ 221.

[16]Kapya John Kaoma, „Exporting the Anti-Gay Movement: How sexual minorities in Africa became collateral damage in the U.S. Culture wars,“ The American Prospect, 24.04.2012, besucht am 20.02.2014, http://prospect.org/article/exporting-anti-gay-movement.

[17]Kaoma, „Exporting the Anti-Gay Movement.“

[18]Blessol, „LGBTI-Queer struggles,“ 224.

[19]Ich verwende hier den englischen Originalbegriff, da der deutsche Begriff Sodomie sich explizit auf sexuelle Praktiken zwischen Mensch und  Tier bezieht, das englische sodomy hingegen gewöhnlich Analverkehr zwischen Menschen meint.

[20]Courtney E. Finerty, „Being Gay in Kenya: The Implications of Kenya´s New Constitution for its Anti-Sodomy Laws,“ Cornell International Law Journal 45, Nr. 2 (2012): 437.

[21]Ocholla, „Kenyan LGBTI Social Movement,“ 94.

[22]Finerty, „Being Gay in Kenya,“ 432.

[23]Finerty, „Being Gay in Kenya,“ 432.

[24]Finerty, „Being Gay in Kenya,“ 432.

[25]Ocholla, „Kenyan LGBTI Social Movement,“ 94.

[26]Kaoma, „Exporting the Anti-Gay Movement.“

[27]Kaoma, „Exporting the Anti-Gay Movement.“

[28]Kaoma, „Exporting the Anti-Gay Movement.“

[29]Kaoma, „Exporting the Anti-Gay Movement.“

[30]Kaoma, „Exporting the Anti-Gay Movement.“

[31]Joyce, „Seeing is believing.“

[32]Joyce, „Seeing is believing.“

[33]Blessol, „LGBTI-Queer struggles,“ 227.

[34]Joyce, „Seeing is believing.“

[35]Joyce, „Seeing is believing.“

[36]Kenne Mwikya, „The media, the tabloid and the Uganda homophobia spectacle,“ im Queer African Reader, Hg. Sokari Ekine und Hakima Abbas (Dakar/Nairobi/Senegal: Pambazuka Press, 2013), 149.

[37]Kapya John Kaoma, „Exposing trafficking in bigotry: anti-gay activities of US religious conservatives in Africa,“ The Free Library, 22.06.2011, besucht am 20.02.2014, http://www.thefreelibrary.com/Exposingtraffickinginbigotry:anti-gayactivitiesofUSreligious…-a0266941217.

[38]Um Binyavanga Wainaina für sein öffentliches Coming-Out Respekt zu zollen, benenne ich diesen Abschnitt in Anlehnung an das Kapitel „I am a homosexual, mum“ seiner Autobiografie. Vgl.: Binyavanga Wainaina, „I am a homosexual, mum,“ Africa is A Country, 19.01.2014, besucht am 24.02.2014, http://africasacountry.com/i-am-a-homosexual-mum/.

[39]Ocholla, „Kenyan LGBTI Social Movement,“ 95.

[40]Finerty, „Being Gay in Kenya,“ 434.

[41]Finerty, „Being Gay in Kenya,“ 435.

[42]Wainaina, „I am a homosexual, mum.“

[43]Wainaina, „I am a homosexual, mum.“

[44]Kulish, „Writer Tells Africa What He Couldn´t Tell `Mum´.“

[45]Finerty, „Being Gay in Kenya,“ 435.

[46]Ocholla, „Kenyan LGBTI Social Movement,“ 95.

[47]Akinyi Margareta Ocholla, „A mother´s fear for her lesbian daughter,“ Pambazuka News, 15.03.2012, besucht am 24.02.2014, http://www.pambazuka.org/en/category/features/80783/print.

[48]Ocholla,  A mother´s fear.“

[49]Ocholla,  A mother´s fear.“

[50]Ocholla,  A mother´s fear.“

[51]Ocholla,  A mother´s fear.“

[52]Keguro Macharia, „Queer Kenya in law and policy,“ im Queer African Reader, Hg. Sokari Ekine und Hakima Abbas (Dakar/Nairobi/Senegal: Pambazuka Press, 2013), 273.

[53]Macharia, „Queer Kenya in law and policy,“ 284.

[54]Macharia, „Queer Kenya in law and policy,“ 285.

[55]Kaoma zur Folge bedeuten family values traditionell die Aufrechterhaltung von Verantwortung für die Gesellschaft und die individuelle Beziehung von Personen zu anderen Clan-Mitgliedern. Vgl.: Kapya John Kaoma, „Exporting the Anti-Gay Movement: How sexual minorities in Africa became collateral damage in the U.S. Culture wars,“ The American Prospect, 24.04.2012, besucht am 20.02.2014, http://prospect.org/article/exporting-anti-gay-movement.

[56]Macharia, „Queer Kenya in law and policy,“ 285.

[57]Ocholla, „Kenyan LGBTI Social Movement,“ 98.

[58]Was passiert beispielsweise, wenn die verschwiegene Homosexualität des Vaters entdeckt wird? Wie lange kann die heterosexuelle Familie dann noch weiter existieren und wie wirkt sich ein mögliches Auseinanderbrechen auf die Kinder aus? Welche Gefahren ergeben sich für die Familie in Bezug auf HIV/AIDS, wenn innerhalb der kenianischen gay community das Risiko daran zu erkranken größer ist und Vater und Mutter (trotz Nebenaffären) weiterhin Sex haben?

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Bibliografie

Blessol, Gathoni. „LGBTI-Queer struggles likeother struggles in Africa.“ Im  Queer African Reader, Hg. Sokari Ekine und Hakima Abbas, 220-228. Dakar/Nairobi/Senegal: Pambazuka Press, 2013.

 

Finerty, Courtney E. „Being Gay in Kenya: The Implications of Kenya´s New Constitution for its Anti-Sodomy Laws.“ Cornell International Law Journal 45, Nr. 2 (2012): 431-459.

 

Kaoma, Kapya John. „Exporting the Anti-Gay Movement: How sexual minorities in Africa became collateral damage in the U.S. Culture wars.“ The American Prospect, 24.04.2012. Besucht am 20.02.2014. http://prospect.org/article/exporting-anti-gay-movement.

 

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KTN Kenya. „Jeff Koinange Live with Valentine Njoroge and Binyavanga Wainaina (Being gay in Kenya).“ Besucht am 18.03.2014. http://www.youtube.com/watch?v=CANd4G_ewBY.

 

Kulish, Nicholas. „Writer Tells Africa What He Couldn´t Tell `Mum´.“ New York Times, 25.01.2014, 4.

 

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Mwikya, Kenne. „The media, the tabloid and the Uganda homophobia spectacle.“ Im Queer African Reader, Hg. Sokari Ekine und Hakima Abbas, 141-154. Dakar/Nairobi/Senegal: Pambazuka Press, 2013.

 

Ocholla, Akinyi Margareta. „A mother´s fear for her lesbian daughter.“ Pambazuka News, 15.03.2012. Besucht am 24.02.2014. http://www.pambazuka.org/en/category/features/80783/print.

 

Ocholla, Akinyi Margareta. „The Kenyan LGBTI Social Movement – Context, Volunteerism, and Approaches to Campaigning.“ Journal of Human Rights Practice 3, Nr. 1 (2011): 96. Besucht am 20.02.2014. doi: 10.1093/jhuman/hur006.

 

Wainaina, Binyavanga. „I am a homosexual, mum.“ Africa is A Country, 19.01.2014. Besucht am 24.02.2014. http://africasacountry.com/i-am-a-homosexual-mum/.

 

Wainaina, Binyavanga. „We Must Free Our Imaginations (1/6).“ Besucht am 18.03.2014. http://www.youtube.com/watch?v=8uMwppw5AgU.

 

Portrait_Daniel_01 (2)Daniel Koßmann studiert Regionalstudien Asien/Afrika an der Humboldt Universität zu Berlin mit einem Fokus auf Ostafrika. Darüber hinaus ist er aktives Mitglied bei AfricAvenir International e.V. und fängt neben seinem Studium seine Umgebung mit der Kamera ein. Folge Daniel auf Twitter via @d_kori oder schau Dir seine Fotografien auf korispective.de an.

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