Mugabe unter Beobachtung

Wednesday 31st, July 2013 / 15:29 Written by

 

Dieses Wahlplakat in Harare zeigt den verblassenden Präsidenten. © Kevin Walsh

Ein Wahlplakat in der Hauptstadt Harare zeigt den verblassenden Präsidenten. © Kevin Walsh

Im Vorfeld der Wahlen herrscht in Simbabwe die Angst vor erneuten Gewaltausbrüchen. Die hat es zuletzt 2008 gegeben. Doch diesmal steht Staatspräsident Robert Mugabe unter Beobachtung. Das Nachbarland Südafrika hat eine Wahlkommission im Land. Und es wird zunehmend ungeduldig mit Mugabes Politik.

Von Tobias Schmidt

Mutare, die viertgrößte Stadt Simbabwes im Südosten, ist zu allen Seiten von Bergen gesäumt. Entlang der Herbert Chitepo Straße im Zentrum stehen ein paar Palmen. Einige alte Kolonialbauten sind noch erhalten, manche von ihnen sind renoviert. Eliza ist auf Durchreise in der Stadt. Sie arbeitet für die Lokalregierung in Kariba, einem Städtchen im Norden des Landes. In einer kleinen Lodge wartet sie mit einem Stück Seife in der Hand darauf, dass wieder Wasser aus dem Hahn kommt. Regelmäßig wird in der simbabwischen Provinz mal Wasser, dann wieder Strom abgeschaltet. Wie lange, weiß niemand. Eliza nutzt die Zeit, um über „das Tier“ zu schimpfen.

Gemeint ist Robert Mugabe, der mit seinen 89 Jahren keine Amtsmüdigkeit zu spüren scheint. Der dienstälteste Staatschef Afrikas gilt dort für die einen als Held des Befreiungskrieges, für die anderen schlicht als grausamer Diktator. Ende Juli stellt er sich wieder zur Wahl. Nach 26 Jahren im Amt.

Eliza schaudert es bei dem Gedanken. Sie ist Mitglied des Movement for Democratic Change (MDC), der größten Oppositionspartei des Landes, die eigentlich gar nicht mehr Opposition ist. Denn seit 2008 ist sie Teil der „Regierung der Nationalen Einheit“, zu der sich MDC damals mit der verfeindeten und zuvor allein herrschenden Zimbabwe African National Union (Zanu-PF) zusammengerauft hat. Dennoch: Für Eliza fühlt es sich so an, als wäre sie noch immer Teil der Opposition. Während sie redet, schaut sie sich immer wieder um, sie spricht mit gesenkter Stimme. Tief sitzen noch die Erinnerungen an die vergangene Wahl vor fünf Jahren, auf die Wochen der Gewalt folgten. „Damals haben wir uns auf dem Land versteckt, in den Dörfern, irgendwo in den Bergen“, sagt sie. „Und dennoch hat er so viele von uns getötet.“

Ob es in diesem Jahr wieder zu Gewaltexzessen kommen wird, daran will sie gar nicht denken. „Wir beten, dass es nicht passiert.“ Es bleibt ungewiss, wie Mugabe reagieren würde, sollte er dieses Jahr tatsächlich abgewählt werden. Trotz aller Wahlfälschungsvorwürfe internationaler Beobachter scheint dies tatsächlich denkbar. Denn schon vor fünf Jahren war seine Machtbasis deutlich geschwunden. Im ersten Wahlgang hatte er weniger Stimmen als MDC-Kandidat Morgan Tsvangirai. Darauf folgten gewalttätige Auseinandersetzungen mit schätzungsweise 200 Toten, woraufhin Tsvangirai seine Kandidatur zurückzog. So „gewann“ Mugabe die Stichwahl als alleiniger Kandidat.

Die Wahlvorbereitungen sind diesmal vergleichsweise ruhig verlaufen. Tote gab es bisher nur durch eine Massenpanik bei einer Wahlkampfveranstaltung. Die Stimmung aber ist dennoch gereizt. Einige MDC-Anführer haben ihre Parteigenossen bereits dazu aufgerufen, sich auf Angriffe durch Zanu-PF-Mitglieder vorzubereiten. Auf die Polizei könne man sich nicht verlassen.

Neue Verfassung kommt zu spät

Dabei hatte noch im März ein Referendum Hoffnung auf politischen Wandel gemacht. Die Simbabwer stimmten einer neuen Verfassung zu, die unter anderem eine Überarbeitung des Wählerverzeichnisses vorsieht. Noch immer sind knapp ein Drittel der Bauern nicht registriert, haben keine ID-Karte und somit auch kein Wahlrecht. Das soll sich nun ändern.

Doch die Umsetzung kommt schleppend voran. Da ein Großteil der Staatenlosen Mugabes Zanu-PF nicht wohlgesonnen ist, setzt diese alles daran, die Registrierung zu erschweren. Seit Wochen stehen vor der Registrierungsbehörde in Harare die Antragsteller zu hunderten bis hinunter auf die Straße Schlange. Viele von ihnen werden unter dem Vorwand abgewiesen, sie müssten ein Schreiben von ihrem Dorfältesten vorzeigen. Nicht wenige haben eine weite und kostspielige Anreise hinter sich. Eine zweite können sie sich nicht leisten.

Während es viele nicht auf die Wählerlisten schaffen, tummeln sich dort noch tausende Karteileichen, längst verstorbene Simbabwer, deren Stimmen – so beteuern MDC-Mitglieder – auf wundersame Weise der Zanu-PF zufallen werden. Aufgrund der Probleme bei der Überarbeitung des Wählerverzeichnisses hatte die MDC eine Verschiebung des Wahltermins gefordert. Mugabe hat das vehement abgelehnt und dabei auf ein entsprechendes Urteil des Verfassungsgerichts verwiesen. Am Ende hat der Präsident gezeigt, dass er im Land noch immer das Sagen hat.

Südafrika wird ungeduldig

Dennoch: Politischen Druck spürt Mugabe nicht nur seitens seiner Konkurrenten. Auch das Ausland sitzt ihm im Nacken. Gegenüber dem Nachbarland Südafrika ist er nun kurz vor dem Wahltermin eingeknickt. Denn seit Anfang Juli tummeln sich Wahlbeobachter der von den Südafrikanern dominierten Südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft (SADC) im Land. Damit hat Südafrika das geschafft, was weder den USA noch der UNO gelungen ist. Das Land hat sich zunutze gemacht, dass die simbabwische Staatskasse leer ist und bis vor zwei Wochen noch nicht einmal die Frage nach der Finanzierung der Wahlen geklärt war. Mitte Juni schien es noch so, als sei es zu einer Einigung mit der UNO gekommen. Doch dann platzte der Deal, die UN-Gesandten wurden des Landes verwiesen. Zwischenzeitlich wurde spekuliert, die Wahl werde über den Verkauf einer Diamantenmine finanziert.

Bei seinem letzten Besuch in Simbabwe im Dezember 2012 gab sich Südafrikas Präsident Zuma (l.) noch bester Laune gegenüber Gastgeber Mugabe. © Government ZA

Bei seinem letzten Besuch in Simbabwe im Dezember 2012 gab sich Südafrikas Präsident Zuma (l.) noch bester Laune gegenüber Gastgeber Mugabe. © Government ZA

Dass am Ende Südafrika in die Bresche gesprungen ist, ist für die Gegner Mugabes eine gute Nachricht. Einer von ihnen ist Terry Mutsvanga, ein großer, etwas schlaksiger Mittdreißiger. Er ist der Gründer der Coalition Against Corruption, einem Zusammenschluss von Journalisten, die sich mit der allgegenwärtigen Korruption im Land nicht abfinden wollen. Wer Terry trifft, kann sich sicher sein, unbekannte Begleitung zu haben. Terry geht offensiv damit um. Im Land ist weithin bekannt, dass die Central Intelligence Agency, der staatliche Geheimdienst, überall seine Fühler hat. Auf jeden Fall aber ist er regelmäßig im Cafe des Crowne Plaza vertreten, dem größten Hotel der Hauptstadt Harare, das sich in Form eines Boomerangs um die Harare Gärten im Zentrum schmiegt. Dennoch schlägt Terry diesen Ort als Treffpunkt vor. „Die sind ohnehin überall“, sagt er. Immer wenn sich der Kellner dem Tisch nähert, unterbricht er das Gespräch. So viel Vorsicht muss sein.

Nicht jeder hat so gute Nerven wie Terry. Von ursprünglich acht Journalisten haben mittlerweile vier seine Gruppe wieder verlassen. Angesichts der kommenden Wahlen muss Terry besonders vorsichtig sein. Sollte die Situation wieder eskalieren, hat er einen Plan B, einen Ort auf dem Land, an dem er Unterschlupf finden kann. Doch Terry glaubt, dass er den Notfallplan nicht brauchen wird. „Für uns ist der Einfluss Südafrikas eine große Hoffnung“, sagt er. Die Politik Mugabes sei den Südafrikanern längst ein Dorn im Auge. Denn die ökonomische Misere nach einer misslungenen Landreform und jahrelanger Hyperinflation wirke sich auch auf das Nachbarland im Süden negativ aus. Seit 2000 ist Simbabwes Bruttoinlandsprodukt um gut 40 Prozent gesunken. Das bis in die 1990er Jahre noch reichste Land Afrikas, der einstige
Hoffnungsstern des Kontinents, liegt ökonomisch gesehen am Boden. Inzwischen muss die einstige Exportnation sogar das Grundnahrungsmittel Mais aus dem benachbarten Armenhaus Sambia importieren. Die Einkünfte aus der Diamantenförderung versickern weitgehend in den Untiefen des korrupten Machtapparates.

Die wirtschaftliche Schwäche Simbabwes schadet auch dem wichtigsten Handelspartner im Süden. Zudem treibt eine Rekordarbeitslosenquote von 85 Prozent tausende Simbabwer über die Grenze. Und dann ist da noch Mugabes Indigenisierungspolitik. Nach dem 2008 verabschiedeten Indigenisierungsgesetz müssen ausländische Unternehmen in Simbabwe 51 Prozent ihrer Anteile an die lokalen „Communities“ abgegeben. Das Gesetz trifft nicht nur Unternehmen der alten Kolonialmächte. Mit der Teilenteignung eines Tochterunternehmens der südafrikanischen Minengesellschaft Implats ist im vergangenen Jahr die bisher größte Indigenisierungsmaßnahme abgewickelt worden. Zu allem Überfluss haben Terry Mutsvanga und seine Kollegen korrupte Machenschaften im Zuge der Transaktion aufgedeckt. Unter dem Deckmantel der Indigenisierung haben sich mehrere Zanu-PF Minister persönlich bereichert. Auf den Straßen Harares spricht man mittlerweile von der „Indigenisierung der Ausbeutung“.

Feindbild „Ausland“

Auf den Druck von außen reagiert die Zanu-PF mit einer nationalistischen Kampagne. In den Zanu-PF-nahen Medien wird „Das Ausland“ als Feind inszeniert, MDC und Nichtregierungsorganisationen sind dessen Handlanger. Die mediale Propagandaschlacht geht auch an Terry Mutsvanga nicht vorbei. Über ihn titelte im Juni das Zanu-PF-Blatt „The Herald“, er habe zwei Millionen US-Dollar von Ausländern angenommen, die dem Land schaden wollten. „Wer soll mir denn zwei Millionen Dollar geben?“, fragt Terry. Geld helfe ihm ohnehin herzlich wenig im Kampf gegen die korrupte Machtelite. Dass die Wahlen dieses Jahr stärker unter Beobachtung stehen als 2008, das sei die eigentliche Hilfe aus dem Ausland. Darauf ruhen heute seine Hoffnungen.

Über den Autoren

Tobias Schmidt ist Fachredakteur im Bereich Wirtschaft und Finanzen. Er lebt und arbeitet in Berlin.

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