Viele offene Fragen: Wird die Teilung des Sudans gelingen?
Nachdem bereits in den vergangenen Tagen Berichte über das vorläufige Ergebnis des Referendums aus dem Januar um die Trennung des Sudans aufgekommen waren, bestätigte die Wahlkommission heute im südsudanesischen Juba die endgültige Zahl von nahezu 99% der Stimmen für die Unabhängigkeit des Südens. Nun wird sich zeigen, ob die weitgehend störungsfreie Abstimmung in einen ebenso friedlichen Prozess der Zwei-Staaten-Lösung übergehen wird. Doch bis zum angestrebten Termin der endgültigen Teilung des Landes am 9. Juli dieses Jahres, der nach den Friedensverhandlungen 2005 für den Fall eines mehrheitlich bejahten Referendums in Aussicht gestellt wurde, bleibt nachwievor eine Reihe offener Fragen. Eine der Hauptstreitpunkte dürfte die ungeklärte Verteilung der sudanesischen Ölvorkommen sein. Derzeit wird das zu großen Teilen im Süden des Landes geförderte Öl durch den Norden transportiert, um über den Hafen Port Sudan am Roten Meer verschifft zu werden. Die staatlichen Einnahmen belaufen sich zu über 90% auf die Gewinne dieses lukrativen Geschäfts. Entsprechend groß sind die Begehrlichkeiten an den sudanesischen Ölfeldern. Es kürzlich hatte China angekündigt, eine alternative Route für eine mögliche Ölpipeline an die kenianische Küste bauen zu wollen.
Aus dieser Problematik ergibt sich auch zwangsläufig eine weitere, überaus strittige Frage: Die der Grenze, deren genauer Verlauf knapp fünf Monate vor der Unabhängigkeit des Südens immer noch ungeklärt ist. Zudem ist der Status der über den größten Flächenstaat Afrikas verteilt lebenden Menschen unklar. Als Folge des jahrzehntelangen Bürgerkriegs kam es massenhaft zu Vertreibung und Flucht, noch heute lebt etwa ein Drittel der Sudanesen als Migranten im eigenen Land.
In wie weit wird den Menschen der Grenzübertritt nach der Teilung gewährt werden? Von dieser Frage sind vor allem jene betroffen, die mittlerweile Arbeit in Städten fern der ursprünglichen Heimat gefunden haben. Weiteren Klärungsbedarf dürfte es bezüglich der Rückkehr jener geschätzten drei bis vier Millionen Sudanesen geben, die ins Exil geflüchtet waren und dort bis heute ausharren.
Vieles hängt nun vom Verhalten von Präsident al-Bashir ab. Es scheint nicht ausgeschlossen, dass er abweichend von seiner Haltung, die Entscheidung der südsudanesischen Bevölkerung anzuerkennen, auch kriegerische Mittel einsetzt, um seinen Einfluss zu halten. Viel könnte ihn davon wohl ohnehin nicht abhalten – gegen den 67jährigen, der das Land seit 1993 mit harter Hand regiert und auch in der Vergangenheit nicht davor zurückschreckte, gegen die eigene Bevölkerung vorzugehen, liegt seit 2008 internationaler Haftbefehl wegen Völkermords, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen vor.