Tansania fordert offiziell Schädel von deutschen Museen zurück
Die tansanische Regierung kündigt die Rückführung des abgetrennten Hauptes des Führers der Wangoni im Maji-Maji-Krieg (1905-07) aus Deutschland an. Der Verein Berlin Postkolonial fordert aus diesem Anlass die “rasseanthropologischen Sammlungen” in Deutschland auf, Tansania über sämtliche bekannten menschlichen Gebeine aus der ehemaligen Kolonie „Deutsch-Ostafrika“ zu informieren und deren Rückgabe anzubieten.
Der tansanische Aktivist Mnyaka Sururu Mboro von Berlin Postkolonial sagt dazu:
„Verstehen die Deutschen nicht, was es für uns bedeutet, dass unsere Ahnen noch immer zu Hunderten in ihren Museumskellern liegen? Begreifen sie nicht, dass wir unsere ermordeten Vorfahren und Verwandten endlich wiederhaben wollen?”
Der Verein Berlin Postkolonial fordert die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), die Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte (BGAEU), die Staatlichen Ethnografischen Sammlungen Sachsen, das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und alle weiteren Sammlungen mit menschlichen Gebeinen aus der ehemaligen Kolonie „Deutsch-Ostafrika“ auf, die tansanische Botschaft unverzüglich über ihre Bestände zu informieren.
Sie kritisieren vor allem die SPK, welche unter anderem für das derzeit im Bau befindliche Prestigeprojekt “Humboldt Forum” in Berlin verantwortlich zeichnet und auch da dekolonialer Kritik ausgesetzt ist. Die SPK habe erst nach einem MDR-Bericht im Herbst 2016 eingeräumt, im Besitz von mindestens 60 menschlichen Gebeinen aus Tansania zu sein. Mnyaka Sururu Mboro:
“SPK-Präsident Parzinger hält uns seit 2014 mit dem Argument aufwändiger Provenienzrecherchen zum Narren. Der Gründungsintendant des millionenschweren Humboldt Forums stellt dafür aber kein Geld zur Verfügung. Die SPK hat in all den Jahren noch nicht einen einzigen Knochen restituiert!“
Die tansanische Zeitung „The Citizen“ hatte am 5. Februar 2018 unter dem Titel „Tanzania to bring back hero’s skull“ über die Ankündigung der tansanischen Regierung berichtet, den Kopf des berühmten Wangoni-Herrschers Songea Mbano von Deutschland zurückzufordern. Gemeinsam mit zahlreichen weiteren Wangoni-Chiefs war der Widerstandsführer vom deutschen Kolonialregime am 27. Februar 1906 bei Songea für seine Rolle im Maji-Maji-Krieg exekutiert und enthauptet worden. Heute befindet sich am Hinrichtungsort das Maji Maji Memorial Museum, das Teil des Nationalmuseums ist. Jährlich finden dort die Gedenkfeiern für die Opfer des größten Krieges der tansanischen und auch der deutschen Kolonialgeschichte statt, in dem sich mehr als 20 Gemeinschaften gegen die Kolonialherrschaft erhoben. Bis zu 300 000 Einheimische verloren dabei ihr Leben.
Links:
Artikel im „The Citizen“ vom 5.3.2018
Bericht zum MDR-Magazin “Fakt” vom 12.11.2016